Norbert schrieb:
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> Einkaufszentrum, Kaufhaus, was auch immer - als
> Kind vom Lande war es für mich (und meinen
> Bruder) immer ein Erlebnis, einmal im Jahr in der
> großen Stadt solche Konsumtempel zu betreten. Da
> gab es sogar Rolltreppen! Richtige Rolltreppen!
> Eine völlig andere Welt!
Ja, Rolltreppen fand ich als Kind auch faszinierend. Allerdings gab es die sogar bei uns in der Kleinstadt. Wir hatten in Walsrode ein traditionsreiches, relativ großes Kaufhaus, das 1984 noch mal deutlich erweitert und modernisiert wurde. Die Verkaufsfläche betrug dann wohl rund 6000 qm. Das war schon ein richtiges Shoppingcenter: Statt der vorher ziemlich dürftigen Lebensmittelabteilung zog ein vollwertiger Supermarkt (Kafu) ein, außerdem gab es einen Blumenhändler, einen Friseursalon (Essanelle), einen Schuhladen (ABC-Schuhe), ein Brillenstudio, eine Reinigung und natürlich Mister Minit und eine Softeis-Station.
Anfangs war für mich die Spielwarenabteilung der große Anziehungspunkt, später dann die Plattenabteilung und die Zeitschriften. Und weil das Kaufhaus zwischen den beiden wichtigsten Einkaufsstraßen lag, konnte man sich Umwege ersparen, wenn man von einem Eingang zum anderen einmal durchlief. Irgendwann wurde sogar noch im Keller eine Fläche für einen 99-Pfennig-Ramschmarkt freigeräumt. Die Inhaber machten dann stolz Werbung damit, dass sich das Kaufhaus nun über 4 Etagen erstreckte. Es gab aber nur zwei Rolltreppen: vom EG ins 1.OG und vom 1.OG ins 2.OG, also nur nach oben. Nach unten musste man zu Fuß gehen.
Anfang/Mitte der 90er hatte das Kaufhaus seine Glanzzeit hinter sich. Die Einrichtung wirkte schon etwas angestaubt, es wurde nicht mehr viel investiert. 1998 stand die Pleite kurz bevor. Die Rettung kam durch eine Bürgschaft des Landes Niedersachsen. Gerhard Schröder, der schon im Wahlkampfmodus war, kam deshalb sogar persönlich nach Walsrode. Die Inhaberfamilie musste das Unternehmen allerdings abgeben; es wurde von einigen leitenden Mitarbeitern übernommen und in "City-Kaufhaus" umbenannt.
2012 kam dann endgültig das Aus - aber nicht wegen einer Insolvenz, sondern weil sich die Stadt von einem Investor beschwatzen ließ, der auf dem Gelände ein "Fachmarktcenter" bauen wollte. Zuerst hieß es noch, dass das Kaufhaus in diesem Center weiterhin betrieben werden könne, aber der Investor verlangte zu hohe Garantiezahlungen. Der NDR hat damals eine Reportage über den Räumungsverkauf und über die traurigen Mitarbeiter gedreht (siehe unten).
Das "Fachmarktcenter" ist eine üble Bausünde geworden, und die Betreiber des City-Kaufhauses haben an anderer Stelle in der Stadt ein Mini-Kaufhaus in einer ehemaligen Lidl-Filiale eröffnet.