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Re: Ist "Schwarzfahren" rasistisch?
@BUG: Nein, ich reagiere nicht angesäuert, ich gebe dir recht. Mein betreffender Satz war aber in erster Linie Ausdruck der Verwunderung, dass offenbar niemand außer mir diese Themen für diskussionswürdig hält, dafür aber jede kleine sprachkosmetische Maßnahme immer wieder einen eigenen (oder im Fall der Kekse sogar zwei) Threads wert ist.
@Al-Bundy: Aus dem Zusammenhang ergibt sich für mich nicht, warum ich auch noch etwas zur Behebung des Problems hätte schreiben sollen. Aber wenn du meine Meinung dazu hören willst: Meine Lösungsvorschläge dazu sind: Eine einheitliche, solidarische, umfangreiche und öffentliche Krankenversicherung, wie es sie (in unterschiedlichen Formen) in jedem entwickelten Land außer den USA und Deutschland gibt; eine existenzsichernde, öffentliche Rente; Arbeitslosengeld, das diesen Namen verdient; ein Recht auf bezahlte Urlaubs- und Krankheitstage, sowie bezahlten Mutterschutz und bezahlte Elternzeit; die Transformation des US-üblichen Stipendienwesens hin zu bedarfsorientierter Förderung (wie unser BaFöG), Verbot der Privatisierung all der Dinge, die du genannt hast. Dazu die Aufkündigung sämtlicher schädlicher Freihandelsabkommen und Verbot von Fertigungsverträgen mit menschenrechtsverletzenden Firmen wie Foxconn und Konsorten, mit dem Ziel dadurch massenhaft Arbeitsplätze im verarbeitenden Sektor wieder in die USA zurückzuholen. Zudem Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Investitionen z.B. in Erneuerbare Energien. Gerade die Südstaaten müssten doch ein schier unerschöpfliches Potenziel an Solarenergie haben. Ich bin mir dessen bewusst, dass all dies eine Menge Geld kostet, aber das Geld ist ja da, es ist nur in den falschen Händen oder genauer gesagt - in Steueroasen. Seit neuestem machen sich die USA ja für eine globale Mindeststeuer stark, dabei könnten sie mal anfangen ihre eigenen Steueroasen, z.B. Bidens Heimatstaat Delaware, auszutrockenen. Dies wäre daher auch mein erster Schritt. Wenn die weiteren Schritte umgesetzt würden, würde die Straßenkriminalität rapide sinken. Wer eine realistische Chance hat, auf dem Arbeitsmarkt zu überleben - auch dann, wenn er mal schwer krank oder länger arbeitslos ist, längere Auszeiten zur Kindererziehung nimmt oder grundsätzlich aus unpriviligierten Verhältnissen stammt - der wird es sich zweimal überlegen, ob er anfängt mit Drogen zu dealen und damit seine gesamte Existenz auf's Spiel setzt. Das gilt für jeden, egal ob schwarz, weiß, hispanisch, arabisch oder wasauchimmer. Solange aber Dinge wie ein Studienabbruch, eine Krankheit oder die Aussicht im Alter noch arbeiten zu müssen, eine Existenzbedrohung darstellen, solange werden immer massenhaft Leute der Versuchung nicht widerstehen können, mit dem angeblich schnellen Geld eines Drogendeals diesem Teufelskreis zu entfliehen zu versuchen. Leider tun Großteile der Demokratischen Partei, Republikaner und Libertäre sowieso und ihre deutschen Ableger von "Achse" über Bertelsmann bis Springer alles dafür, damit genau das so bleibt. Die Demokraten versuchen dabei nur netter zu wirken, indem sie dauernd irgendwelche Diversity-Maßnahmen entwickeln, die nicht grundsätzlich alle falsch sind, aber die eigentlichen Probleme unangetastet lassen. Die Republikaner stürzen sich dankbar auf genau diese Maßnahmen und ergötzen sich in hämischen Spott über sie. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich jemand der eigentlichen Probleme annimmt. Und wenn es dann, wie Bernie Sanders, doch mal jemand versucht, wird er mit allen Mitteln bekämpft. Auf diese Weise erhält sich das System selbst und nichts ändert sich. Zitat von Al-Bundy > Hat aber alles nichts mit "Rassismusdebatte" zu tun. > Oft wird das "Haar in der Suppe"als rassistisch bezeichnet. Hauptsache Krawall und die > Straße umbenennen, weiße Puppen sollen auch braun sein, Denkmäler abreißen usw. Es geht sicherlich nicht um "Hauptsache Krawall". Es ist völlig legitim, zu hinterfragen, warum Straßen nach Rassisten benannt werden oder ihnen sogar Denkmäler aufgestellt werden. Es ist genauso legitim überzeugende Gründe zu nennen, warum das in Einzelfällen gerechtfertigt sein kann, etwa wenn diese Ehrung auf besondere Leistungen in anderen Gebieten zurückgeht. So kommt es letztlich auf den Einzelfall an, ob hier einem Kolonialisten gedacht werden soll oder einem Kant, der aufgrund seiner philosophischen Leistungen gewürdigt werden soll, der aber leider auch durch und durch Rassist war. Pauschalurteile sind hier wenig hilfreich. Ein grundsätzliches Problem ist aber, dass eine "Rassismusdebatte" gar nicht stattfindet. Seit einiger Zeit hat sich in gewissen Kreisen eine Rassismusdefinition etabliert, die sich von der "althergebrachten" deutlich unterscheidet. Meines Erachtens müsste jetzt eine Debatte darüber stattfinden, welche die richtige ist und wer überhaupt entscheiden darf, welche die richtige ist. Das passiert aber nicht. Die einen setzen ihre neue als gegeben voraus und kritisieren aus ihr heraus, alles worauf sie sich anwenden lässt. Die anderen wissen nicht einmal, dass es eine neue gibt und reagieren daher mit Unverständnis und seitenlangen Threads voller Spott und Häme (siehe hier). So lebt jeder schön in seiner Meinungsblase und ab und zu knallt's halt. Die Debatte selbst wird so aber vermieden. Ist halt im Zeitalter von nur 140-Zeichen-langen Beiträgen nicht mehr so ganz "in". Außerdem gehört zu einer ernsthaften Debatte der Verzicht auf Spott, Ironie, Unterstellungen und eine grundsätzliche Offenheit, die eigene Position zu hinterfragen und ggf. zu verwerfen. All das sind aber Dinge, die heute als langweilig, altbacken oder schwächlich gelten. Als im Studium mal jemand, der zuvor komplett anderer Meinung war, zugab, von mir überzeugt worden zu sein, wurde er verspottet, dabei zeugt es doch eigentlich von einer gewissen Größe eigene Fehler einsehen zu können. Ich persönlich bin übrigens weder davon überzeugt, dass die Umbenennung der Kekse, noch des Begriffs "Schwarzfahren" wichtige oder gar notwendige Schritte zur Rassismusbekämpfung sind. Aber ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass es rationale Gründe gibt, die dafür sprechen - insbesondere vor dem Hintergrund der "neuen" Rassismusdefinition. Die "Afrika"-Kekse machen sich Exotismus zu eigen, der grundsätzlich seine Fallstricke hat, sei es das so genannte "Othering" oder die Reproduktion von Klischees (und ja Deutschen-Klischees in US-Filmen stören mich auch). Genauso steht das "Schwarzfahren" in einer langen Reihe mit negativen Konnotationen des Wortes "schwarz", angefangen vom "schwarzen Peter" bis hin zum "schwarzen Mann". Natürlich gibt es auch Gegenargumente, die ihr schon genannt habt und die ich hier daher nicht erneut aufführen muss und die ich persönlich letztlich auch überzeugender finde. Deswegen unterstelle ich der Gegenseite aber nicht, dass sie verrückte Jammerlappen seien, die sonst nichts Besseres zu tun hätten. Ich würde mir wünschen, dass zumindest dieser Grundtenor des Respekts in Unterhaltungen zu diesem Thema spürbar wäre. Formulierungen wie "Rassismusdebatte wird immer lächerlicher" oder "Hauptsache Krawall" weisen da leider in eine andere Richtung. Ich habe fertig. Dieses Thema wurde beendet. Eine Antwort ist daher nicht möglich.
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