OStD Dr. Gottlieb Taft schrieb:
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> "Sprachpolitik" gab es immer schon. Wenn man
> möchte kann man bei Luther anfangen: Dass sich
> mit Hochdeutsch Luthers Heimatdialekt zur
> Grundlage der heutigen Standardsprache entwickelte
> ist nicht "aus dem Volk heraus gewachsen", sondern
> lag an der Verbreitung seiner Bibelübersetzung.
> Noch deutlicher wird es im Kaiserreich: Auf den
> "Orthografischen Konferenzen" wurde hier eine
> einheitliche deutsche Rechtschreibung "von oben
> durchgedrückt" um dem politischen Ideal eines
> einheitlichen deutschen Nationalstaats auch
> sprachlich zu huldigen.
Das war wohl vor allem der preußischen Dominanz nach der "kleindeutschen Lösung" von 1871 geschuldet, mit der das Haus Hohenzollern den ganze Staat nach seinen Statuten ausrichten wollte. Im alten Reich unter der Habsburgerkrone gab es mehrere Kanzleisprachen, und die waren wenig einheitlich und kaum reglementiert.
> Und noch heute wird die
> deutsche Rechtschreibung von den
> Kultusministerkonferenzen - also "von oben"
> festgelegt, was ja auch immer wieder für
> Kontroversen sorgte. Vor zwanzig Jahren haben sich
> alle darüber aufgeregt, dass ihnen jetzt "von
> oben diktiert" würde, dass man z.B. "Nuss" nicht
> mehr mit "ß" schreibt. Heute ist es halt das
> Gendern. Wobei das noch nicht mal von
> irgendwelchen staatlichen Gremien verbindlich
> festgelegt wurde.
Die meisten damals verfügten Neuerungen wurden längst wieder verworfen, weil sie von der Bevölkerung nicht akzeptiert wurden. Nur die s-Regel wurde von nahezu allen Medien und Verlagen übernommen, weil sie sich über die Jahre bewährt hat und als praktikabel sowie lerntechnisch sinnvoll erwies. Auch das Gendern in Stellenausschreibungen halte ich aus Gründen der Diskriminierungsfreiheit für geboten.
Außerdem macht es schon einen Unterschied ob die für Schulen verbindliche Orthographie (heute nur noch wahlweise -grafie) geändert wird oder vonseiten reichweitenstarker Medien über gefügig gemachte Journalisten und Redaktionsmitarbeiter ein gesellschaftlicher Druck zur Sprachanpassung aufgebaut wird.
Bestes Beispiel ist Bettina Schausten vom ZDF, die eine Vertragsverlängerung ihrer beiden Nachrichtenzugpferde Claus Kleber und Petra Gerster, die beide die Altersgrenze erreicht haben, vom "konsequenten Gebrauch der geschlechtsneutralen Sprache" abhängig gemacht haben soll (wie Insider berichteten). Seitdem gendern die beiden wie die Weltmeister.