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Re: 100 Jahre Helmut Schmidt
Mein Eindruck ist, dass - merkwürdigerweise - Schmidt und Brandt die beiden Bundeskanzler sind, die in der Rückschau der Bevölkerung am besten wegkommen. Und zwar in dieser Reihenfolge (wahrscheinlich, weil Schmidt noch lange Jahre nach der Jahrtausendwende im Fernsehen präsent war).
Merkwürdigerweise, weil beide zu Amtszeiten nicht gerade unumstritten waren. Schmidt wurde stark von links kritisiert ("Atomkanzler", "Macher", "Abkanzler") , Brandt eher von rechts, vor allem wegen der seinerzeit höchst umstrittenen Ostpolitik. Später sah das dann ganz anders aus. Erhardt und Kiesinger hatten nur kurze Amtszeiten, von denen offenbar nicht allzuviel in Erinnerung geblieben ist (Erhardt als Wirtschaftsminister ist was anderes). Viele kennen die beiden gar nicht. Adenauer ist zwar als zentrale Figur des Wiederaufbaus und der Westintegration in bleibender Erinnerung geblieben, aber sein patriarchalisches Auftreten, sein Umgang mit politischen Gegnern (z.B. SPIEGEL-Affäre), seine zögerliche Haltung beim Mauerbau trüben offenbar das Gesamtbild. Ähnlich bei Kohl: "Vater der Einheit" als klar positive Erinnerung, aber oft unglücklich agierend auf der TV-Bühne, erst recht sein desaströses Bild in der Spendenaffäre stehen dagegen. Und Schröder: Nichtbeteiligung am Irak-Krieg einerseits, Hartz IV, "suboptimales" Auftreten in der letzten Elefantenrunde, Gazprom andererseits - keine glänzende Bilanz in den Augen vieler. Angela Merkel ist ja noch im Amt, aber abgesehen von der doppelten Premiere (erste Frau als Kanzler, in der DDR aufgewachsen) kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sie später einmal als glanzvolle Kanzlerin in den Köpfen verankert sein wird. Wohlgemerkt: das sind lediglich subjektive Wahrnehmungen von mir zur kollektiven Erinnerung der deutschen Bevölkerung an ihre Kanzler. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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