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Re: Die Ära Muhammad Ali
War Muhammad Ali ein Rassist?
Hm. Es gibt in der Tat Äußerungen von ihm, mit denen er für Apartheid eintritt. Tiramisusi hat sie oben verlinkt. Zudem war die „Nation of Islam“ eine Organisation, die die „Black Supremacy“ propagierte, also die „schwarze Überlegenheit“ oder auch „schwarze Vorherrschaft“. Dabei ist es allerdings ein Unterschied, ob jemand etwa als Weißer, der im Normalfall eher weniger unter konkretem Rassismus per Hautfarbe zu leiden haben dürfte, sich rassistisch äußert bzw. verhält – oder ob das ein Schwarzer tut, der genau diese Erfahrungen häufig gemacht haben dürfte. Damit sind solche Äußerungen dennoch nicht in Ordnung – ihnen muss widersprochen werden - , aber sie sind doch als Gegenreaktion zu verstehen. Das gesellschaftliche Umfeld, in dem Ali in den USA aufwuchs, war geprägt von knallhartem, zum Teil tödlichem weißen Rassismus: [de.wikipedia.org] [de.wikipedia.org] Damit muss man als Betroffener erst mal zurechtkommen. Für unsereins, die wir dergleichen zum Glück nie (vielleicht fast nie) erfahren mussten, ist es einfach, über schwarzen Rassismus die Nase zu rümpfen. Aber nochmal: das darf nicht heißen, nicht widersprechen zu dürfen! Bei einer Charakterisierung von Muhammad Ali bin ich natürlich, wie wohl alle hier, auf das angewiesen, was den Medien zu entnehmen ist – mit direkter Wahrnehmung kann ich nicht dienen. Mehr als Mutmaßungen kann ich also nicht anstellen. Ich denke, Ali war ein zorniger unangepasster junger Mann, der nicht umsonst Boxer geworden ist. [de.wikipedia.org] Er hat dann bei der „Nation of Islam“ wohl ein weiteres Ventil gefunden. Im konkreten Umgang Alis mit Weißen habe ich keinen Rassismus ausmachen können. Über seine stärksten weißen Gegner hat er sich oft anerkennend geäußert: George Chuvalo, Jerry Quarry, Henry Cooper, Karl Mildenberger. Verunglimpfungen wegen der Hautfarbe seiner weißen Rivalen hat es von Ali nicht gegeben. Während seiner gesamten Boxkarriere stand er zu seinem weißen Trainer Angelo Dundee, obwohl die „Nation of Islam“ ihn bedrängte, Dundee fallen zu lassen. - Eine Freundin von mir ist mal auf seiner Ranch zu Besuch gewesen und hat ihn als sehr angenehmen, charmanten Gastgeber geschildert. Das war etwa Ende der 70er Jahre. Um diese Zeit herum hat er sich nicht vom Islam, aber zunehmend von der „Nation of Islam“ distanziert. Möglicherweise gefördert durch die zunehmende weltweite Anerkennung, gerade auch von Weißen, verbunden mit einer ganz anderen Bewertung seiner Kriegsdienstverweigerung und seines Eintretens für schwarzes Selbstbewusstsein. Für die Goldmedaille, die er 1960 in den Ohio pfefferte, hat er 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta eine Ersatzmedaille nicht abgelehnt, sondern angenommen. Wer möchte, mag sich die letzten 4 Verlinkungen meines dritten Postings anschauen (keine Kämpfe) – da ist ein Showtalent am Werke, aber ein Rassist? Ali war kein Heiliger, kein Pazifist, sein kalkulierter provokanter Umgang mit seinen Gegnern war kein Ausbund der Nächstenliebe – genausowenig wie die Sportart, die er betrieb. Er war frech, unangepasst, ein Verbalakrobat, witzig, schlagfertig. In den frühen Jahren hat er sich zwar rassistisch geäußert, aber sich, soweit ich‘s beurteilen kann, nicht so verhalten. Später erst recht nicht. Hier noch eine jüdische und eine muslimische Pressestimme sowie ein SPIEGEL-Nachruf: [juedischerundschau.de] [www.islamische-zeitung.de] [www.spiegel.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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