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Re: Pilze sammeln (eine Geschichte)
Nun liebe Erwachsene, da der Abend seine dunklen Boten ausgesandt hat und ohnehin die Jahrezeit der Geschichten angebrochen ist, möchte ich euch etwas erzählen, das mir so oder ähnlich, einmal widerfahren sein mag. Habt also acht und hört zu!
In einem Land vor unserer Zeit, als die Menschen noch freundlicher und die Tiere noch zahlreicher waren, wurde eines Tages ein kleines Mädchen von der Mutter zur Tante geschickt, eine geliehene Tupperdose zurückzubringen. Die Tante wohnte wohl am anderen Ende des Dorfes aber der Weg kurvte sehr und wand sich, so dass das Mädchen bald über das Bächlein sprang, durch die grüne Wiese lief in den Wald hinein um den langen Weg zur Tante abzukürzen. Seine Eltern hatten es wohl gewarnt sich allein in den Wald zu wagen, aber Gevatter Petz oder die wilde Katze ließen sich damals noch seltener als heute blicken und die Angst vor Isegrimm war noch nicht zu den Menschen zurückgekehrt. So spazierte das kleine Mädchen also wohlgemut im Schatten der mächtigen Bäume und bald hatte sich der Eichelhäher beruhigt und Waldesruhe kehrte wieder ein. Hier und da ein Him- oder Schwarzbeerchen vom Wegrand naschend sah die Kleine gar viele Pilzlinge wachsen, zwischen den Bäumen lugten sie hervor, auf sonnigen Lichtungen wuchsen welche und sogar an altem Holz. Das Mädchen fragte sich ob man sie wohl essen könne und welche Namen sie wohl hätten: stinkender Hänfling, wütender Knöterich oder falscher Prinzenrolliger? Und weil einige von ihnen so schön groß waren und durchaus essbar aussahen und es so viele waren die "nimmi mit, nimmi mit" riefen, war das Mädchen bald damit beschäftigt die schönsten und besten von ihnen in seine große Plaste-Schüssel zu sammeln. Schnell war die Schüssel voll damit und auch der Beutel konnte nicht mehr fassen und es waren wirklich nur die guten dabei, nicht die roten mit den weißen Pünktchen. Nun lief das Mädchen schnell wieder Heim um ihrer Mutter den pilzigen Schatz fürs Abendessen zu bringen. Über Stock und Stein trugen sie ihre Füße geschwind, schon war sie aus dem Wald heraus und sah ihr nahes Elternhaus. Die sechs hungrigen Augenpaare, welche ihr enttäuscht aus dem Waldesdunkel nachblickten, bemerkte sie nicht. "Na denn, gibts eben wieder Bauer Maltes Biokartoffeln" grunzte das größte Augenpaar und die Rotte trollte sich grummelnd wieder in den Wald hinein. Zu Hause rief das kleine Mädchen "Lieb Mutter lieb Vater, schaut was ich uns gesammelt habe!" und schüttete die Pilze samt Erdklumpen, Käfern, Raupen und einer erschrockenen Schnecke auf den Küchentisch. Da seufzte ihr Mütterchen und ihr Vater sah sie traurig an und nahm sein Töchterchen beiseite. "Kennst du dich denn mit Pilzen aus" fragte er sie. Das Mädchen schüttelte den Kopf. "Würdest du es denn für eine gute Idee halten, die Pilze zu essen die jemand gesammelt hat, der gar nicht wusste was er da sammelt und die von jemanden, der auch keine Ahnung von Pilzen hat, zubereitet wurden?" Da fing das kleine Mädchen an zu weinen, aber der Vater und die Mutter nahmen es in die Arme und trösteten es bis es gut war. So endete also mein einziger Versuch Pilze zu sammeln für die Pilze auf dem Kompost und für mich mit einer Lehre. Zumindest konnte ich knapp den wilden Schweinen entkommen - aber das wußte ich ja nicht ;-) In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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