Mit France Gall geht auch eine unserer Lieblingssängerinnen, d.h. von meinem besten Freund und mir. Wir werden sie schmerzlich vermissen. :..( Und irgendwie war sich auch schuld daran, dass wir uns von Anfang an gut verstanden. :D Kannten wir sie doch beide und mochten sie sehr. :) Vive le vinyle!!! (Das ist jetzt schon mehr als neunzehn Jahre her.)

Sie war in jeder Epoche sehr gut und man hierzulande auch daran erinnern, wie musikalisch vielseitig sie war und sie nur auf das Lolitaimage, dass ihr Gainsbourg mit seinen frivolen Texten verpasste oder ihr internationales Comeback mit den Singleauskopplungen
"Ella elle l'a" oder "Babacar" (zu letzterem siehe weiter unten).

Ich mochte auch ihre jazzigen Nummern und hätte mir mehr davon gewünscht, obwohl mir ihre leichten Nummern auch gefallen:








Von den deutschen, leichteren gefällt mir die deutsche Version von "Bébé requin" am Besten. :)


Sehr charmant und leicht und genauso zuckersüß, wie sie als junge Frau nun einmal war. :)

Und über sie wurden zwei, drei Lieder geschrieben, von zwei ihrer Expartner nämlich einmal Claude François, der nachdem sie ich ihn wegen seiner zahlreichen Affairen den Laufpass gegeben hatte. Erst war es nur ein: "For you", dann ein nüchteres und dann voll schwergewichtiges, ertränkendes Chanson "Comme d'habitude" ("Wie aus Gewohnheit") über ein sich entfremdendes Ehepaar.


Der ebenfalls (leider zu früh) gegangene David Bowie sollte erst einen Text auf Englisch für Sinatra schreiben. Aber sein Versuch "Even a fool learns to love" wurde damals nicht genommen:



(Ich hätte sie gerne gehabt.) Bowie verarbeitete seinen Frust in seiner Komposition "Life on Mars?" und meinte er habe das bessere Lied geschrieben :

Er schuf sich ein neues androgynes Image und wurde das Chamäleon mit den faszinierenden Imagewechseln, um das wir immer noch trauern.

Paul Anka wurde als Texter genommen und der Schwanengesang eines Künstlers als auch eines Menschen, der auf sein Leben zurückblickt, wurde ein Welthit, der in vielen Sprachen von vielen Künstlern dargeboten wurde.


Auch François CV "Reste" ("Bleib'") des Four-Seasons Hits "Beggin'" wurde erfolgreich, zumindest im Heimatland. Es trieft vor Selbstmitleid.



Erst spät konnte Gall über der Sache stehen und ihrem Exfreund verzeihen.

Als sie Julien Clerc für Michel Berger verließ, schrieb er für sie zusammen mit Étienne Roda-Gil "Souffrir par toi n'est pas souffrir" (Für Dich zu leiden, ist nicht leiden) es war zumindest im frankophonen Raum bekannt.

Mit Michel Berger, mit dem sich auch ihr privates Glück hatte, hatte sie viele Erfolge, auch im Musical "Starmania", dass in den 1990er als "Tycoon" auch in englischer Sprache bekannt wurde.

Ich ziehe erst einmal diese hervor:
"Si Maman si" ("Wenn Mama wenn du nur")


Für mich das bessere Lied. "Goodbye Mama" oder "Mama Lorraine" finde ich nicht unbedingt immer passend um den Abschied vom Elternhaus, von der Mutter, zu verdeutlichen.

Und "Il jouait du piano debout" ("Er spielt das Klavier im Stehen"), einer locker beschwingten Hommage von Berger über sein Vorbild Jerry Lee Lewis war das letzte Lied, dass ich auf dem französischen Festland im Radio (auf Nostalgie) hörte, bevor es nach England, nach Oxford ging:


Und einer meiner Lieblingssänger, Elton John, der in seinem Haus an der Côte d'Azur weilte, wurde auf sie aufmerksam und rief noch mitten in der Nacht bei Berger an und wollte prompt mit ihm und France zusammenarbeiten. Heraus kam eine wunderbare Single "Les aveux" ("Die Geständnisse"), von der vor allem die wunderbare B-Seite "Donner pour donner" ("Geben, um zu geben" besonders herausragt. Ich kannte diese Single bis 1998 nicht, um so mehr wuchs sie mir ans Herz und ist bis heute eine meiner Lieblings B-Seiten überhaupt.

Und im Video spürt man deutlich, wie gut die Zusammenarbeit und die Sympathie füreinander da war. Das ist nicht gespielt und Elton erinnert sich immer noch gerne daran:


In Deutschland nahm man sie erst wieder 1987 mit "Ella elle l'a" wahr, einer gelungenen Hommage an Ella Fitzgerald. Aber sie konnte auch anders. Ihr enger Freund, der ebenfalls unter tragischen Umständen früh ums Leben gekommene Daniel Balavoine, machte sie und ihren Mann auf die katastrophalen Zustände in Afrika aufmerksam. Sie reisten dorthin und trafen u.a. eine junge Frau, die von ihrem Freund mit dem gemeinsamen Baby verlassen war.
Völlig mittellos und ohne Perspektive. Die beiden nahmen sich ihrer an, bezahlten ihr das Schulgeld und eine Ausbildung, suchten für sie und das Baby eine Unterkunft.

Der Mutter und dem Jungen, der auf dem Namen "Babacar" hörte, wurde ein Lied gewidmet, dass seinen Namen trug.


France Gall traf Mutter und Kind 1992 wieder und freute sich, dass es beiden so gut ging.
Ihr Engagement im sozialen Bereich, sollte nicht hier unerwähnt bleiben, sie gründete mehrere Stiftungen und half nur, wo sie konnte. (Konnte nicht anders, als das im deutschen Wikiartikel hervorzuheben)

Dann schlug das Schicksal unbarmherzig zu: Der Verlust ihres geliebten Mannes, der Tochter und dazwischen ihre schwere Brustkrebserkrankung sorgten dafür, dass Gall sich zurückzog und kämpfte. Im Hintergrund blieb sie weiter aktiv und trotzdem vergaß man sie in ihrem Heimatland nie.

Im Film "On connaît la Chanson" ("Das Leben ist ein Chanson") von Alain Resnais durfte seine Frau Sabine Azéma zu France Galls "Résiste" ("Wiedersteh'!") mimen:



Zur Überraschung aller, trat France Gall 2000 mit dem ebenfalls jüngst verstorbenen Johnny Halliday auf und sang zur Freude aller ihm zusammen "Quelque chose de Tennessee" , ein Chanson, dass Michel Berger für ihn geschrieben hatte. Zum letzten Mal sang sie vor dem Publikum als Dankeschön:
[www.gala.fr]

In Frankreich und TV5 lief vor einigen Jahren diese gelungene Hommage, in der viele Künstler Berger und ihr musikalisch Tribut zollten und auch sie war dabei. Sie hatte die Idee, das Konzept und man sah sie im Plausch mit Freunden und Kollegen. Hier ein Ausschnitt:
[vimeo.com]

Damit begann der letzte Lebensabschnitt. Sie hatte inzwischen einen neuen Partner gefunden und versuchte das musikalische Erbe zu erhalten. Ihr Sohn Raphaël Hamburger war aus dem Haus, hatte als Regisseur seine eigene Karriere und ihr schien es wieder besser zu gehen.

Es kamen viele Hommagen, sie schrieb ein sehr erfolgreiches Jukeboxmusical "Résiste" und man sah sie immer wieder auch bei den "Victoires de la Musique". Aber da war irgendetwas... .Ihre Stimme war brüchig, gezeichnet von den schweren Schicksalsschlägen und als man sie nicht auf der Trauerfeier ihres engen Freundes Johnny Hallidays sah, begann man sich als Fan ernsthafte Sorgen zu machen, leider berechtigt. Sie verlor endgültig ihren schweren Kampf.

Die nächste Zeit scheint wahrscheinlich ein "Adieux les copains" (frei nach DER französischen Jugendzeitschrift und Radiosendung der 1960er) zu werden. :...( Cloclo hat da leider mit Gott gesprochen, um mehr seiner Freunde um sich herum zu haben.

In diesem Sinne:

"Je vous remercie a vous pour "Tout pour la musique" et je vous souhaite que les anges les accompagnent."

R.I.P.

Wicket

(Entschuldigung für dieses sehr lange Posting!)



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.01.18 14:56.