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Re: ARD-Themenwoche "Glaube"
Diese Sendung mit der Maus empfand ich eher als einen bedenklichen Abriss darüber, was Kindern von Erwachsenen an Glaubensvorstellungen übergestülpt wird. Zudem wird religiöser Glauben mit der eher folkloristischen Vorstellung von Glauben im Sinne eines Vertrauens in natürliche, beobachtbare, verifizierbare und falsifizierbare gelichgesetzt. Das ist eine Form religiöser Apologetik, die oft genug schon an anderen Stellen scheitert und deshalb mehr ein Versuch der Rationalisierung von Glauben ist, der scheitern muss.
Interessant fand ich wiederum, dass man sich offensichtlich des "unsichtbaren rosafarbenen Einhorns" bedient, ohne zu explizit darauf einzugehen. Das werte ich als Versuch, so etwas wie "Religionskritik light" unterzubringen, ohne explizit auf besagtes Einhorn oder gar das "Fliegende Spaghettimonster" eingehen zu müssen. Ansonsten sollte klar sein, wer hier dem Drang nachgibt, über das übliche Maß hinaus über "Gott und die Welt" erzählen zu müssen. Wer sich gelegentlich die Zusammensetzung der Rundfunk- und Fernsehräte, wie auch der Politik genauer anschaut, der wird schon erkennen können, warum hier entgegen jede demografische Entwicklung in religiösen Fragen immer noch verstärkt "Hosiannah" gerufen wird. Am verlinkten Artikel des HPDs habe ich zu bemängeln, dass man in den letzten Zeilen von "Glauben" an "Wissenschaft" spricht. Den gibt es sicherlich auch, aber hier würde ich von einem solchen Portal doch eine sauberere Differenzierung erwarten. Der Witz an der ganzen Nummer der naturwissenschaftlichen Arbeit besteht schließlich darin, dass das alles keinen Glauben erfordert, dieser sogar eher hinderlich, störend oder "unsauber" ist. Ansonsten stimme ich weitestgehend mit der Kritik des Artikels an diese Aktion im Ersten überein. Der Philosoph und Religionskritiker Michael Schmidt-Salomon spricht oft von einem "Christentum light" - heute ohne Hölle und Teufel - und der Großteil der hiesigen Bevölkerung spreche eine Art "religiösen Dialekt", der zwar noch die Termini der ursprünglich christlichen Religion aufgreift, aber damit im Kern nicht mehr wahnsinnig viel zu tun hat. Dem würde ich mindestens für Deutschland, wenn nicht für Europa weitestgehend zustimmen. Das spiegelt sich dann auch in diversem statistischen Material wider, von der Teinehmerzahlen im Gottesdienst, über die Zahlen zu den "Übergangsriten" von Lebensabschnitten, die Kirche immer weniger begleitet, bis hin zu den stetig sinkenden Mitgliederzahlen der zwei großen Kirchen. Die ARD Themenwoche werte ich als den "Fuß in der Tür" beim religiösen Werben und Missionieren, und man bekommt über diese Plattformen noch den Fuß in die Tür, weil Rundfunk- und Fernsehräte, wie auch die Politik in der Spitze nicht mehr der gesellschaftlichen Zusammensetzung Deutschlands entsprechen. Interessant ist nicht nur hier, sondern auch an anderer Stelle die Reaktion organisierter Religion darauf, dass die "Schäfchen" stiften gehen: man holt sich einfach noch die Muslime ins Boot, um Bestandswahrung und Sicherung der bisherigen Privilegien zu betreiben - so auch in den Rundfunk- und Fernsehräten, wo allmählich auch muslimische Vertreter einziehen - "Gott weiß", welche Interpretation des Islams die wieder vertreten. Diese Entwicklung kann man je nach Gusto vielleicht ignorieren, vielleicht sogar feiern. Ich sehe sie als höchst problematisch an, weil sich jetzt bewahrheit, was ich seit einigen Jahren befürchte - nämlich, dass Rechtspopulisten sich dieser Thematik fast als Alleinstellungsmerkmal annehmen können, weil die ganzen religiös bewegten "Schmuser" mit der organisierten Religion in der ganzen Phalanx regierender Parteien in Landes- und Bundespolitik einen religionskritischeren Diskurs innerparteilich unterdrückt. Für manche vielleicht überraschend, findet das nicht nur in CDU/CSU, SPD und FDP statt, sondern auch bei der Linken und teilweise auch den Grünen, wobei die Grünen in dieser Hinsicht wohl momentan die Progressivsten sind. Alles in allem "offenbart" sich auch hier wieder einmal, wie weit sich der Holzbock ins Gebälk gefressen hat, wenn man das für öffentlich-rechtliches Fernsehen weiterhin für normal hält. Aber im "Lutherjahr" wird da von religiöser Seite im TV bestimmt noch einiges im Köcher sein, dass kritisierbar sein wird. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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