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Re: Augen geradeaus! - Wer hat hier gedient? ;-)
Ich war bei den Sanis, da ging alles etwas humaner ab, und was soll ich sagen: echten Respekt bekamen Vorgesetzte von mir aufgrund ihrer Kompetenz und Augenmaß im Führungsstil. "Heißdüsen" gab es nur wenige, aber jede Menge "Verpisser", die Arbeit nur delegierten und daraufhin den ganzen Tag nicht zu sehen waren.
Im Gegensatz zu dem, was ich bei einem Freund einmal in einer Luftwaffenkaserne kennenlernen musste, ging es bei uns gerade zu "militärisch straff" zu. Auf korrekten Sitz der Dienstkleidung und militärische Formalitäten im Umgang wurde schon Wert gelegt. In diversen Kasernen, in denen sich mehr Panzergrenadiere, Artillerie und was es noch alles im Heer an kämpfenden Einheiten gab, war der Umgangston ansonsten aber bei den Sanis noch ziemlich freundlich. Weder die Offiziere, noch Unteroffiziere haben sich auf ihrem Rang einen runtergeholt, sondern nahbarer - selbst Kompaniechefs und Kasernenkommandanten. Das schien nicht selbstverständlich zu sein. Rechts-Konservative und rechts angehauchte Kameraden gab es en masse, Linke so gut wie gar nicht - schon gar nicht unter den Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten. Nationalistische und Rechtsextreme, die mit der NS-Zeit sympathisierten, teilweise auch mit der Kaiserreichszeit und dem Preußentum, gab es einige wenige, die das offen zugaben - sowohl unter den Wehpflichtigen, als auch bei den anderen. Meine Erfahrung ist mittlerweile über 20 Jahre alt. Zum damaligen Zeitpunkt musste man selbst in einem vergleichsweise "sanften" militärischen Umfeld wie die Sanis aufpassen, dass man sich nicht irgendwelche Rechtsextremisten in Verantwortung züchtet, auch wenn die Gefahr vergleichsweise gering war. Auf der anderen Seite habe so viele Kiffer wie beim Bund höchstens auf einem Reggaekonzert auf einen Haufen gesehen. Ich war da relativ unbedarft, kannte vorher nur Leute, die sich "mal was bauten", gelegentlich "einen aufbröselten". Dort war ich dann mit Hardcore-Kiffern konfrontiert, die "Eimer döppten", oder im Putzspind die 1-Meter-Bong versteckten. Ich, als junger Erwachsener, war nicht unbedingt sonderlich motiviert, aber bestimmt auch kein Verweigerer und Störer, der sich auf Kosten Anderer einen faulen Lenz machte. Den Wehrdienst hatte ich damals absolviert, um alles schneller hinter mir zu haben. Politisch war ich eher links, aber doch ziemlich ungebildet, schwelte irgendwie diffus zwischen einem demokratischen Grundverständnis auf der einen, aber auch wirren Fantasien von Widerstand und "Stadtguerilla" auf der anderen Seite, wofür es dann nicht ganz verkehrt gewesen wäre, eine Waffenausbildung erfahren zu haben. Die Revolution ist dann bekanntlich in den letzten 20 Jahren ausgeblieben, und dank mehr Bildung Belesenheit, Weiterbildung und Selbststudium musste sie dann auch ziemlich schnell nach meiner Wehrdienstzeit ohne mich auskommen. Im Ruhrgebiet gibt es so ein Sprichwort: "Mutter hol mich vonne Zeche, ich kann dat Schwatte nich mehr sehen!" Analog dazu ging es mir nach meiner Wehrdienstzeit mit Wald und Grün ziemlich ähnlich. Das hatte ich lange und oft genug auf der Höhe der Grasnarbe gesehen, und das brauchte ich deshalb danach erst einmal nicht mehr. Vor allem aber ließ ich mir zum ersten Mal in meinem Leben die Haare auf Schulterlänge wachsen, was ich damals als befreiend empfand. Ich habe zwar nicht den repressivsten und autoritärsten Teil der Truppe erlebt, aber der militärische Zwang der Konformität war natürlich trotzdem gegeben. Damit hier kein falscher Eindruck aufkommt: die meisten Zeit- und Berufssoldaten in meinem Umfeld bemühten sich um Professionalität und nahmen ihre Arbeit ernst. Allerdings gab es auch ein paar Negativbeispiele. Das waren oft diejenigen, die für Auslandseinsätze zu dem Zeitpunkt nicht mehr infrage kamen, oder nur noch wenige Monate Dienstzeit hatten. Die waren oft mehr als einfach nur "laissez-faire". Unter den Wehrpflichtigen hatte sich allerdings niemand groß ein Bein ausgerissen. Dafür war der Dienst oftmals einfach zu stupide, zu redundant, nicht selten auch Unfug, mit dem man beauftragt wurde, um die Zeit totzuschlagen. Schon damals hätte man die immerhin bei mir nur noch zehn Monate Wehrdienst deutlich reduzieren und straffen können. Insgesamt war ich damals erstaunt, wie schnell man sich an so eine Geschichte gewöhnen und sie als "Business as usual" annehmen konnte, und es dauerte dann auch etwas, die merkwürdigen Unsitten und Marotten des Bundeswehralltags wieder abzulegen. Beibehalten von der ganzen Sache habe ich übrigens bis heute eine gewisse Ordnung im Kleiderschrank, und das ich mir oft Kleidung für den nächsten Tag in Anzieh-Reihenfolge herauslege, um schnell in die Klamotten springen zu können. Putzen konnte ich auch vorher schon - auch ohne "Dummfick" von irgendwelchen Vorgesetzten. Mein Bett ist auch immer gut bezogen - auch ohne kratzige Pferdedecken, und mit Spannbettlaken. Spannbettlaken sind eine tolle Erfindung. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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