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Re: Eindeutiger geht es kaum.....
Ich denke nicht, dass Populismus das Problem ist. Daher meine Erläuterungen, denn das können sie im modernen Personenwahlkampf mittlerweile alle.
Das viel größere Problem einer Partei wie der AfD sehe ich im Menschenbild, das sich aus den konkreten Forderungen und Positionen der Partei, aber auch den Wählern ergibt. Das Menschenbild, das die Partei abgibt, ist da stellenweise schon richtig gruselig, das Menschenbild der Wähler ist noch viel häufiger die große Geisterbahn. Ich will nicht behaupten, dass es das nicht auch woanders gäbe, aber selten wohl so geballt misanthrop, rassistisch / Borderline-extremistisch, andockend an sozialdarwinistische Vorstellungen, die schon im Dritten Reich bestimmend waren. Was diese Partei wenig greifbar macht ist, dass sich diese Einstellungen in weiten Kreisen der Gesellschaft, selbst auch in allen Parteien, beobachten lassen. Was gerade die AfD dann anfechtbar macht, ist das "Gesamtkunstwerk", in dem genau das gesammelt, konzentriert und verdichtet wird, bei dem man sich in anderen Parteien aus Fremdscham eher der Sache wie einer Mischung aus Verkehrsunfall und bewusster Selbstinszenierung nähert. Das Problem der anderen Parteien ist vielleicht, dass sie sich diesen Problemen aus verschiedenen Gründen nicht stellen, während das Problem der AfD eher ist, dass daraus dann dort damit Programm gemacht wird. Man sollte diese Partei und ihre Macher dabei weder über-, noch unterschätzen. Was von Außen wie ein Panoptikum der Bekloppten und Bestussten wirkt, ist als solches vielleicht von inneren Machtkämpfen gezeichnet, ist aber strategisch immer noch clever genug, jede einzelne Gruppe bei ihren speziellen Ressentiments gezielt abzuholen. Jede Zielgruppe findet ihre Identifikationsfigur - wie bei einer Teenie-Boy-Group. Ein bisschen Nazi-Bad-Boy hier, ein bisschen rechtsliberales Establishment da - da ist für jeden was dabei, der in anderen Parteien mit seiner Haltung zu recht oder unrecht auf Mauern prallen muss. Dem liberalen Kern, dem Anbiedern an den Rechtsextremismus und nicht ausreichenden Etablierung der Partei ist es dann wohl geschuldet, dass das Christentum und das kirchliche Umfeld wohl die einzige Nische sein dürften, die man nicht besetzt. Stattdessen hört man einzeln eher kirchenkritische, selten religionskritische Töne aus dieser Partei, für die sich in Verantwortung bei den anderen Parteien wohl nicht einmal bei der Linken jemand den Mumm aufbringen würde. Dementsprechend sind dann auch die Äußerungen der Repräsentanten der Kirchen selten wohlwollend. Ein Kardinal Marx bekommt halt in der AfD keinen Fuß in die Tür. Dafür sitzen zu wenig AfD-Mitglieder in kirchlichen Laienorganisationen, irgendwelchen Räten, oder den Aufsichtsräten irgendwelcher Firmen der Sozialkonzerne. Soweit ich weiß ist das bis jetzt die einzige Nische, in der die AfD nicht "wildert", um sich als "Anti-Establishment" innerhalb der Zielgruppe zu positionieren. Das kann nicht verwundern, denn dort sind die Chancen schmal, weil man programmatisch gleich schon bei den Kleinstparteien mit fundamentalistisch-religiöser Ausprägung wäre, während man bei den anderen Zielgruppen ganz gut bedient ist, am Rand zu arbeiten, ohne immer klar Grenzen zu überschreiten. Deshalb haut eine Beatrix von Storch in einer Talkshow Kirchenkritik kurz raus, indem sie das staatliche Gehalt von Bischöfen außerhalb der Kirchensteuer anprangert, und das war's. Wider der an sich liberalen Ausrichtung scheint man auch wenig Interesse an Themen für Minderheiten wie Homosexuelle zu haben - wahrscheinlich auch aus strategischen Gründen, denn damit vergrault man wieder manchen Konservativen am rechten Rand, gewinnt aber nicht unbedingt signifikant dazu, weil sich diese Leute dann in anderen Parteien deutlich besser repräsentiert sehen - obwohl auch Schwule und Lesben bestimmt nicht vor rassistischen Ressentiments gefeit sind, das kann ich aus Erfahrung sagen. Dieses Thema wurde beendet. Eine Antwort ist daher nicht möglich.
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