vonSemering schrieb:

> Mir fallen wirklich viel mehr Krankheiten ein mit
> denen man zwangsläufig lernt zu leben als
> Krankheiten bei denen es eine echte Heilung gibt.

Das ist auch so. Beim VFA habe ich mal gelesen, dass 2/3 aller Krankheiten weder geheilt noch wirklich behandelt werden können. Unsere Medizin kann Vieles, aber nicht alles. Und von der Evolution wurde auch nur die Gesundheit in der reproduktiven Lebenszeit gefördert. Wer gesund ist hat mehr Nachkommen, die die gesunden Gene weiter verbreiten. Aber Gene, die einen erst ab 50+ Jahren krank machen wurden von der Evolution nicht so stark reduziert, da 50+-jährige ja schon ihre Gene an die nächste Generation weiter gegeben hatten. Da gibt es nur noch den leichten evolutionären Vorteil, dass Kinder, die noch eine Oma hatten, die die Mutter unterstützen oder im schlimmsten Fall ersetzen konnten bessere Überlebenschancen hatten.
In anderen Worten: Ab 50 sind wir für die Natur unwichtig und es beginnt das programmierte Sterben. Alles was wir an zusätzlichen Jahren der Natur abgerungen habe ist teuer erkauft, durch gesundheitliche Einschränkungen, aber auch das Gesundheitssystem wird immer teurer. Die einfachen Sachen werden alle schon gemacht. Jede neue medizinische Errungenschaft kostet normalerweise mehr, weil alles immer aufwändiger wird.
Und in Zukunft wird von den Gesundheitssystemen auch nicht mehr alles bezahlt werden. In England ist das schon seit Langem der Fall. Als ich da lebte gab es einen großen Aufschrei, als ein Kind nicht mehr gegen Krebs behandelt wurde weil seine Überlebenschancen unter 10% lagen. Am Ende sprang dann ein reicher Ölscheich mit seinem Privatvermögen für die Kosten ein, und soweit ich weiß hat das Kind gut auf die Behandlung angeschlagen. Bei uns fängt das auch schon an, dass man älteren Menschen Behandlungen vorenthält. Und diese ganzen Sparmaßnahmen um sich so viel Behandlung für so viele Patienten wie möglich leisten zu können führt zu immer rigoroseren Sparmaßnahmen. Das ist eben das ethische Dilemma, für was die Ressourcen verwendet werden. Wer sich mit diesen ethischen Problemen näher beschäftigen will, dem sei diese BBC Dokumentation ans Herz gelegt:
[www.adamwishart.info]

Und wenn die Ärzte wie am Fließband Patienten behandeln oder operieren sollen passieren natürlich auch mehr Fehler. Meiner Meinung nach ist da das Gleichgewicht zwischen "Sparen um mehr Leistungen anbieten zu können" und dem "Schaden den das Sparen verursacht" schon in Richtung Schaden verschoben. Meiner Meinung nach wird auch das menschliche, dass man den Patienten als ein ganzes und nicht nur als den lädierten Arm sieht völlig außen vor gelassen. Aber gerade das finde ich hat großen Einfluss auf den Heilverlauf. Man kennt den Placebo-Effekt: Der Patient bekommt eine Pille ohne was und schon weil er denkt es hilft zeigt sie Wirkung. Andersrum gibt es auch den Nozebo Effekt: Wenn jemand glaubt ihm wird nicht geholfen, dann schadet das dem Heilerfolg. Und durch Zuwendung und Ernstnehmen und Aufklärung des Patienten kann man sich das zu Nutze machen und den Heilerfolg unterstützen. Aber genau das sieht die neue "Effizienz" nicht vor.