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Re: Beliebteste deutsche Serie?
Das ist natürlich eine sehr schwere Frage, weil es viele Serien gab, die bei den Zuschauern ausgesprochen beliebt waren. Es kam auch auf die Art der Serien und natürlich den Zeitgeist an. Fangen wir mit den 60ern an: Da spielte der Einfluss des Kinos eine große Rolle, und das Fernsehen war ja immerhin Kinoersatz. Deshalb waren auch die Serien entsprechend ausgerichtet. Serien wie "Landarzt Dr. Brock" mit Rudeolf Prack (Grün ist die Heide) und Gardy Granass (Christl von der Post) in den Hauptrollen waren da Dauerbrenner, ebenso "Förster Horn" mit Heinz Engelmann. Der Einfluss des Heimatfilms war hier ganz deutlich zu spüren. Heimatfilm goes Krimi gab es dann in "Alarm in den Bergen" mit einem sehr jungen Gerhart Lippert und dem beliebten Heimatfilmstar Armin Dahlen. Natürlich läutete man damit auch Krimiserien ein, und Nord und Süd überschlugen sich regelrecht: "Funkstreife Isar 12" war wohl der erste Krimiserien-Dauerbrenner in Deutschland. "Hafenkrankenhaus", "Hafenpolizei", "Polizeifunk ruft", "John Klings Abenteuer", Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger" (ein Dauerbrenner von weit über 100 Folgen !) und natürlich "Percy Stuart" lockten die Zuschauer vor den Schirm. Zu den erfolgreichsten und beliebtesten deutschen Serien dürften allerdings die Familienserien der 60er gehören: "Die Unverbesserlichen" und "Ida Rogalsky", beide mit Inge Meysel. "Alle meine Tiere" mit Gustav Knuth "Der Forellenhof" mit Hans Söhnker Drei Krimiserien der 60er dürften wohl Straßenfeger gewesen sein: "Stahlnetz" sowie "Das Kriminalmuseum" und "Die Fünfte Kolonne", allesamt mit großen und beliebten Stars, ebenso wie "Dem Täter auf der Spur", die sich aber in die 70er hineinzog. Das dürften wohl DIE Lieblingsserien der 60er gewesen sein, allein schon wegen der Darsteller. In den Siebzigern schob man dann weitere Krimiserien nach, meist aber nur Durchschnittsware (ausgenommen der Tatort). Man produzierte am Fließband, aber es wollte nicht so recht was Eindrucksvolles entstehen. Mit am Beliebtesten dürften in den 70ern allerdings gewesen sein: Der Kurier der Kaiserin (mit Klausjürgen Wussow) Sergeant Berry (ebenfalls Wussow) und die vielleicht erfolgreichste ZDF-Serie der 70er: "Hallo Hotel Sacher Portier" mit Fritz Eckhart, ebenso "Der alte Richter" mit Paul Hörbiger. In der ARD war zweifelohne bis heute "Salto Mortale" das Gegenstück und ein absolutes Highlight. Gustav Knuth und Heidi Kabel waren außerdem in einem sehr beliebten Kabinettstück zu sehen, "Kleinstadtbahnhof und neues vom Kleinstadtbahnhof", und "Sankt Pauli Landungsbrücken" erwies sich als ARD-Dauerbrenner, während regional die Filme und Serien von und Mit Helga Feddersen im Norden die Leute begeisterten. Wanninger, Polizeifunk ruft, Percy Stuart gingen in die Verlängerung. Die Straßenfeger und Dreiteiler (Reinecker) kamen auf. Tatort wurde produziert und zum Sonntag Abend Kulthit. Durbridge und Reinecker sorgten (nicht zuletzt auch mit dem Kommissar) für leere Gassen, und am Sonntag Nachmittag schickte die ARD mit dem Autor Herbert Asmodi die Wilkie Collins - Verfilmungen ins Rennen: "Die Frau In Weiß" und "Der Monddiamant" sowie die Hedwig Courts-Mahler-Verfilmungen waren damals, soweit ich mich erinnere, ein Renner. Aber eines bitte nicht vergessen: Die 70er hatten am Abend zwei Highlights zu bieten, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann: Der Komödienstadl Das Ohnsorgtheater Beides war ungemein beliebt, und die Stars vom Komödienstadl sorgten auch beim ZDF für rasant ansteigende Einschaltquoten, nämlich im "Königlich Bayrischen Amtsgericht", das sehr, sehr lange lief... In den Achtzigern kam dann das Aus für die "Gute alte Zeit" und die moderne Familie tauchte auf den Plan auf: "Die Wicherts" sorgten nebenan für Stimmung, bei den "Drombuschs und Onkel Ludwig" gings hoch her, und Thekla Wied und Peter Weck heirateten eine Familie. Das dürften so die absoluten Renner gewesen sein, bis...ja, bis Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik seinen Dienst antrat und alles beiseite fegte. Die Schwarzwaldklinik ist meiner Meinung nach der absolute 80er Jahre - Hit des deutschen Fernsehens (auch wenn ich sie nie mochte). Das Krimi-Highlight der 80er ist meiner Ansicht nach SOKO 5113 mit Werner Kreindl, eine Außenseiter-Serie, die vielfach unterschätzt wird und wurde aber damals wirklich ein "Rebell" war - realistisch, spannend, teilweise sehr derb und erstklassig gespielt, mit tollen Drehbüchern (die heute leider fehlen). Tja, und dann kamen in den 80ern Serien die Daily Soaps richtig zur Geltung, GZSZ, Unter Uns, Marienhof, Verbotene Liebe brach gar mit einem Tabu, und sie alle liefen den Familienserien allmählich den Rang ab. Allerdings gab es ein Serienhighlight im ZDF, das sich sehr lange hielt, 51 Folgen lang - "Mit Leib und Seele", das Barbara Auer zu einer erfolgreichen Karriere verhalf. Der einzige Familienseriendauerbrenner, der sich über 18 Jahre (!!!) hielt, ist und bleibt Forsthaus Falkenau. Der Krimidauerbrenner neben dem tatort allerdings ist für mich in den 80ern "Derrick" gewesen, zog sich lange hin, wurde dabei immer schwächer, und bekam im eigenen Sender vom Alten auch noch Konkurrenz und von Matula und Renz. Das war meines Erachtens zu viel des Guten, worunter die Serien litten. Dann gabs da noch (natürlich) die Lindenstraße, die man meiner Ansicht nach mit dem Falkenauer Haus nicht vergleichen kann, weil es zwei völlig verschienden Formate sind und sich daher auch keine Konkurrenz machen. Der Landarzt wurde abwechselnd mit Förster Rombach eingesetzt, dann kamen Dutzende anderer Arzt- und Krankenhausserien bei öffentlich-rechtlichen und privaten, wobei die privaten wirklich Dutzendware und Fließbandarbeit leisteten und leisten (Der Bergdoktor, Für alle Fälle Stefanie, Dr...der Arzt, dem die Frauen vertrauen, all solch ein Scgmonsens), und schließlich holte das ZDF die Spannungsserien mit Familientouch und Schicksalsdrama-Elementen aus der Taufe: "Küstenwache", "Rettungsflieger", diverse SOKOs und ähnliche Serien beherrschten den Vorabend des Zweiten und tun es immer noch. Dagegen setzten die privaten "Wolffs Revier", "Cobra 11", "Medicopter 117" und die schwulen Cops von Sat 1. Na ja. Sonderlich beeindruckend war das alles sicherlich nicht. Tja, und heute heißt es eben "Rosamunde Pilcher", "Inga Lindstrom", "Traumschiff" (das auch schon sehr, sehr lange auf dem meer rumschippert), "Klinik unter Palmen", "Der Ferienarzt", "Hallo Robbie" und "Unser Charlie", Nonnen, die sich mit Bürgermeistern streiten und Polizeisekretärinnen, die Sherlock Holmes spielen - einfallsloseste Serien, die ein völlig anspruchsloses Publikum bedienen, und letztlich ist es den Machern völlig Wurscht, was sie jetzt produzieren, weil es dem Zuschauer meist auch Wurscht ist. Insofern hat das Fernsehen meiner Ansicht nach unglaublich an Qualität verloren, aber an Quantität zugelegt. Das ZDF hat meiner Ansicht nach in all den Jahren die weitaus erfolgreicheren Serien ins Programm gesetzt als die ARD, das muss man auch mal sagen. Okay, wenn man von den Regionalsendern absieht. Aber die Qualität, sowohl schauspielerisch als auch von den Drehbüchern und der Herstellung, der 60er und 70er und mit Abstrichen gar der 80er Jahre wird man nie wieder erreichen - trotz aller Technik. Dazu wirkt fernsehen heute einfach zu steril, zu aufgepeppt, zu wischi-waschi hergestellt und vor allem zu billig und schnell produziert. Dabei geht Qualität und Atmosphäre völlig flöten. Und deshalb, so mein Professor Morgan, wird es auch die "Straßenfeger" und "Dauerbrenner", die damals Massen vor dem TV-Schirm hielten (!), in dieser Art heute und in Zukunft kaum noch geben. Schade. Sehr schade. Aber wir haben ja Video und DVD... Thank the Lord for small favours. Der Lonewolf Pete PS - Danke, Petra, für diese überaus interessante Frage. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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