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Re: Fernsehgewohnheiten 70er Jahre
Na ja, bei mir fing das ja alles vor den Siebzigern an. Aber so Anfang der Siebziger war ich dann richtig im Fernsehfieber. Unter der Woche gab es meist erst die Drehscheibe, danach kam eine Serie, dann war 18 Uhr, und es gab Abendbrot. Danach verkrümelte sich die Family vor den fernseher, um die Vorabendserien des ZDF und der ARD zu schauen. Ich erinnere mich auch gerne an die Mainzelmänner des ZDF, die immer anzeigten, wann es denn los ging - und zwar immer dann, wenn die sechs Kerlchen auf den Knopf der Schreibtischlampe drückten, der Bildschirm wurde dunkel, man hörte noch ein "Wu-häh-hä-hä-hä...!", und wenn einer der Familienoberhäupter gerade in der Küche war, rief man: "Es geht looohooos...!", damit er ja nur nix verpasst. Saß er auf'm Klo, hatte er eben Pech gehabt. Da waren wirklich Klasse Serien sowohl bei ARD wie bei ZDF. Percy Stuart war natürlich der Bringer, Im Auftrag von Madame, Polizeifunk ruft, Franz Josef Wanninger, St. Pauli Landungsbrücken, Arpad der Zigeuner, Rinaldo Rinaldini, Firbecks neues Land, Die Überlebenden der mary Jane, Gegen den Wind, Graf Luckner, Elefenatenboy, Hamburg Transit und viele, viele andere Serien. Meist begannen sie um 19:10 Uhr und um 19:35 Uhr in der ARD, im ZDF so gegen 19:25 Uhr. Später gab es dann die 50-Minuten-Serien im Vorabendprogramm der ARD, allen voran das Flagschiff "Onedin Linie", das lange Donnerstag abends lief. "Alias Smith & Jones", "Abenteuer der Landstraße", Arsene Lupin, Vidocq und viele andere sind hier zu nennen. Als Stammplatz für die 50-Minüter hab ich vor allem den Donnerstag in Erinnerung. Donnerstags war dann auch Showtag, während der Mittwoch abend der Politik und den krimiserien gewidmet war (letztere liefen allerdings anfangs zu spät für mich, denn ich musste spätestens um 21:15 im bett sein). XY schauten meine Eltern nicht gerne wegen der z.T. gräulichen Leichenbilder, die man da ausstrahlte. Der Freitag war ein fest - erst Vorabendserien wie "Lieber Onkel Bill", dann der heimatfilm im Ersten. Das war immer Klasse, und ich hab viele Filme aus jener Zeit in Erinnerung und auch sammeln können. Besonders meine Eltern, die diese Filme gerne im Kino gesehen hätten und nicht konnten, nun aber dieses vergnügen nachholen konnten, waren begeistert, und diese begeisterung übertrug sich auch auf mich. Meine Mutter brachte mir viele "Stars" aus ihrer Jugend näher, Hans Moser, Hans Holt, Maria Andergast, Paul Hörbiger und ihren absoluten Liebling Wolf Albach-Retty. Da blühte sie richtig auf und hatte echt Spaß am Heimkino. Ich habs ihr dann, um ihre Skepsis zu zerstreuen, in den 80er Jahren vergolten, indem ich mir einen VHS-Recorder anschaffte und sie immer in "ihrem" Kino schwelgen konnte, wan immer sie wollte... Am Sonntag war es natürlich anders - der stand im zeichen der Familienaktivitäten. Also erst Mittagsessen (war immer seeeehr lecker), dann schlief Dad beim "Magazin der Woche" ein und ich wartete nur darauf, schwupps war ich beim TV und schaltete auf "Skippy", "Robin Hood", "Flipper" und ähnliches um. Danach war's so halb drei oder kurz nach zwei, und alle machten sich fertig für den sonntäglichen Spaziergang, der meistens dann beendet war, wenn wir rechtzeitig zu "Am Fuß der Blauen Berge" oder "Maverick" zuhause eintrudelten. "Am Fuß der Blauen Berge" war sowieso DER Hit für mich. Ich hab sonntags immer nach schwarzen dicken Regenwolken Ausschau gehalten, die hinter den Hügeln hervorwinkten und anzeigten, dass es besser war, Kaffee zu kochen und zuhause ein Stückerl Kuchen zu essen als in der Weltgeschichte rumzulatschen. Überhaupt stand der Sonntag im zeichen der Western, aber "Spencer's Piloten" war da eine Ausnahme. Der lief sonntags nachmittags in der ARD und war sehr spannend. In der ARD schoss man Lancer ins Programm... um dem ZDF Konkurrenz zu machen. Denn dort gab es Bonanza, Shiloh Ranch, Rauchende Colts, Big Valley. Abends dann entweder die Peter Alexander Show oder den Tatort (letzteren durfte ich nicht sehen, da er bis 21:45 ging), ich kam also erst spät zum Tatort. Aber das war egal. Der Sonntag war ein Familientag, und wenn wir Kinder froh waren, dann waren auch die Eltern froh. Mir hat's super gut gefallen. Aber denkt jetzt nicht, wir häötten nix anderes gemacht ausser vor der Glotze gesessen - wir haben viel gelacht, viel erzählt, Festle besucht, gekniffelt, gepuzzelt, Mensch Ärgere dich nicht gespielt, Karten gespielt, Radio gehört, uns was vorlesen lassen oder selbst gelesen, gebastelt (ich eher weniger), gemalt, Kreuzworträtsel gemacht und dabei viel gelernt, Monopoly gespielt und dabei viel verloren, Federball gespielt, gepicknickt und Zug gefahren und was man sonst noch machen kann. Es war eine tolle Zeit... und alles hat mindestens genauso viel Spaß gemacht wie das Fernseh schauen. Langweilig war es nie - äh...doch. Krieg und Frieden. Dieses französische Serienepos in der ARD...DAS war RICHTIG langweilig... Der Lonewolf Pete In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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