Da muss ich dann doch widersprechen. Meine TV-Erinnerungen gehen bis ca. 1963/64 zurück, als wir unseren ersten fernseher bekamen. Natürlich durfte ich, wie Chrissie, nicht alles sehen, weil es entweder als nicht geeignet für mich eingestuft wurde oder zu spät lief. Aber das habe ich im DVD-Zeitalter nachholen können. Im Vergleich zu heute fällt aber auf, dass die inhaltliche und inszenatorische Qualität der klassischen Serien wesentlich besser war als der zeitgenössischen Serien von heute. Damals gab es kein CGI, die Schauspieler durften noch selbst Actionszenen drehen oder auf echten Pferden reiten, alles ist heute aus Versicherungs- und Kostengründen gar nicht mehr oder nur in Ausnahmefällen möglich. Der wichtigste Aspekt - gerade im Kinderprogramm vermittelten die (US) Serien, die bei uns zu sehen waren, auch in nahezu jeder Folge eine gewisse Moral, eine lehre, aus der junge Zuschauer etwas lernen konnten. Somit erfüllten jene Folgen einen gewissen Erziehungsauftrag, ohne dass dieser explizit gefordert wurde (Lehrer sahen das anders, sie fanden die Serien damals schädlich für die Entwicklung der Kinder). Somit war das Fernsehprogramm durchaus sinnvoll, zumal Serieneinkäufer darauf achteten, dass nur Episoden gekauft wurden, die man einem deutschen Publikum zumuten konnte. Bei zeitgenössischen Kinder- und Erwachsenenprogrammen entfällt dieser Aspekt völlig. Das Kinderprogramm ist herbstes Holzhammer-Spaktakel, das nur eines vermittelt: Der Stärkere hat immer Recht. Jemanden anderen in die Pfanne hauen ist völlig in Ordnung und macht Spaß. Die letzte Serie, die einen gewissen Lehrfaktor enthielt und spannend vermittelte, war "Walker Texas Ranger", und das wurde sogar in den USA propagiert - nur die Kritiker drehten wegen der gezeigten "Brutalo-Action" wieder durch. --- Auch was die Filmauswahl in nur drei Programmen betrifft, bot das TV-Program der 1960er bis zur Einführung der Privaten eine wirklich attraktive Palette an Spielfilmen, von deutschen bis amerikanischen Produktionen und bunt gemischt, modern und Klassiker. Auch die Feiertagsprogramme mit den legendären Adventsvierteilern und wirklich sehenswerten Spielfilmen sorgten für Kurzweil und auch für leergefegte Straßen. Wann ist sowas heutzutage nochmal passiert? Einen Straßenfeger gibt es nicht mehr. Werbeunterbrechungen alle paar Minuten machen einen Filmgenuss zur Qual. Ein wirklich Familienprogramm, bei dem die ganze Familie auf dem Sofa versaammelt war und gemeinsam das Fernsehen zum Event machte, gibt es schon lange nicht mehr. Und die legendären Samstag Abend - Liveshows werden heute aufgezeichnet, damit nur ja nix schief geht. --- Nein, ich sehe nicht alles durch die rosarote Nostalgikerbrille, aber ganz ehrlich - ich bin froh, dass ich viele Serienklassiker, die ich damals nicht sehen konnte, dank Internet nachholen kann. Ich bin froh, dass ich die modernen technischen Errungenschaften nutzen kann, um weg vom unsäglichen aktuellen Programm zu kommen und zurück zu anspruchsvollen Produktionen. Aber zu sagen, dass ich mir gewünscht hätte, damals mit den Errungsneschaften von heute zu schauen oder mit den Möglichkeiten der Kinder von heute aufwachsen zu können - nie und nimmer. Nicht alles, was neu ist, ist auch besser. Und in diesem kulturellen Aspekt wurde sehr, sehr vieles verschlimmbessert, wenn nicht gar verschlechtert und hat schlichtweg - im Vergleich zu damals - an Attraktivität und Qualität eingebüßt. Und das ist ganz nüchtern betrachtet.
Der Lonewolf Pete