Spoonman schrieb:
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> Man sollte aber nicht glauben, dass die KZs für
> die normale Bevölkerung weit weg waren. Es gab
> jede Menge Außenlager, die zum Teil mitten in den
> Großstädten lagen. Ich habe neulich ein Buch aus
> den 80er Jahren über ein Außenlager des KZ
> Sachsenhausen in Düsseldorf gelesen, das 1942/43
> ein halbes Jahr lang bestand. Zeitzeugen
> erinnerten sich an ein mit Stacheldraht umzäuntes
> Gelände mit Baracken und Wachtürmen, das nachts
> taghell erleuchtet war. Manchmal fielen Schüsse.
> Draußen standen Warnschilder: Stehen bleiben und
> fotografieren verboten.
Es gibt einen Unterschied zwischen den Außenlagern und den Vernichtungslagern.
Die Außenlager, in erster Linie Arbeitslager, zeigten nur die "oberflächlichen" Verbrechen der Nazi, die Misshandlungen durch Schläge und grausamer Arbeit, ebenso wie die schlechte Versorgung der Juden und der Menschen aus dem Osten. Sie zeigte nicht die Vernichtung. Auch wussten die Menschen meist nicht genau, was für "Häftlinge" das waren.
An dieser Stelle fällt mir eine Stelle aus einer Serie ein, in der US-Soldaten ein KZ-Außenlager bei Dachau befreien und der Kommandant wissen möchte, was für Verbrecher sie sind, weil sie doch hinter Stacheldraht eingesperrt waren. Ich weiß noch, wie mein Opa (amerikanischer Offizier im 2. Weltkrieg), der nie über den Krieg sprach, nur über die Zeit danach, sagte, als den Ausschnitt sah: "They're not thin enough." Und er meinte die Schauspieler, die die Häftlinge darstellten.
Gleichzeitig hat man der Bevölkerung über die Propaganda weiß gemacht, dass es diese Menschen nicht anders verdient haben. Nazis wie Julius Streicher haben ganze Arbeit geleistet oder auch Propagandafilme über die KZs und Ghettos, in denen Juden gezeigt wurde, denen es scheinbar so viel besser ging als den Deutschen im Krieg. Da sieht man jüdische Familien mit dampfenden Töpfen und Schüsseln das Mittagessen zubereiten, während die Deutschen hungerten.
Die Vernichtunslager waren viel perfider und raffinierter.
Obwohl es Gerüchte gab, obwohl man abtransportierte Juden nie wieder sah, konnten viele nicht glauben, dass es um eine systematische Vernichtung von Menschenleben ging. Die Nazis sprachen nicht von Ermordung. Das waren Umsiedlungen und Evakuierungen. Gaskammern hießen Duschkammern.
Natürlich gab es, insbesondere von den Massakern und Massenerschießungen Zeugen, die auch teilweise zuhause davon erzählten, aber wenn man das hinter vorgehaltener Hand weitererzählte, glaubten die Menschen das nicht. Selbst die Juden in den Arbeitslagern glaubten das anfangs nicht. Dieses Ausmaß der systematischen Vernichtung einer Religionsgemeinschaft war etwas, das die Mehrheit der Deutschen nicht glauben wollten oder konnten.
Der beste Beweis dafür ist der Abbruch des Euthanasieprogramms T4.
Der Widerstand in der Bevölkerung und von Seiten der Kirche war zu groß, weil die Geheimhaltung völlig versagt hatte.