OStD Dr. Gottlieb Taft schrieb:
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> Hitch schrieb:
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> > Das System, das ich meine, habe ich
> beschrieben.
> > Dass ihr das nicht nachvollziehen könnt,
> dafür
> > kann ich nichts.
>
> Wo? Du hast bis jetzt immer noch nicht gesagt, von
> was für einem System zu redest? Einer Staatsform?
> Einer Wirtschaftsordnung? Einem Sozialwesen? Einer
> Gesellschaft? Einem Rechtssystem? Einem
> Computer-Betriebssystem? Rede mit uns! Lass uns an
> deiner Weisheit teilhaben!
Ich denke, er schmeißt da zu vieles in einen Topf und deklariert das als "das System".
Unser Staatssystem ist ein freiheitlich demokratischer Rechtsstaat. Es wurden viele Mechanismen eingebaut, die verhindern, dass in diesem System jemand eine zu große Machtfülle hat. Judikative, Exekutive und Jurisdiktion - also Gerichte, Polizei und Politik sind so weit voneinander getrennt wie das möglich ist und es gibt diverse Mechanismen, die Vetternwirtschaft oder Korruption verhindern sollen. Und das ist auch alles gut so.
Churchill war das glaube ich, der mal sagte, dass die Demokratie die schlechteste Staatsform sei - mit Ausnahme von allen anderen. ;-) Und damit hat er irgendwie recht. Jeder Depp darf bei hochkomplizierten Entscheidungen mitreden, auch wenn er das noch nicht mal ansatzweise versteht und nur seinen eigenen kleinen Horizont vor Augen hat. Und das ist auch gut so, denn der nächste Depp hat seinen eigenen Horizont, und am Ende werden die alle gehört, weil sie eben alle mitreden dürfen.
Die Politiker sind dann die "armen Schweine", die es jedem recht machen sollen. Grad gestern war wieder so eine Debatte nach dem Tatort. Der eine will Gruppe X entlasten, die zu viele Steuern zahlt, der andere will lieber Gruppe Y bezuschussen, damit mehr Arbeitsplätze entstehen, die dann wieder Gruppe Z nützen. Im Prinzip ist mir mal wieder klar geworden, man kann es nie allen recht machen. Was man auch tut, es wird immer Leute geben, denen es zu Gute kommt, die aber gar nicht damit begünstigt werden sollten, und es wird immer jemanden geben, der belastet wird aber nicht belastet werden sollte. Man will keine falschen Anreize schaffen durch irgendwelche Geldflüsse...
Kein politisches System kann eine eierlegende Wollmilchsau sein, aber in einem demokratischen System sollten sich zumindest alle anstrengen, dass möglichst viele davon profitieren, damit sie wieder gewählt werden.
Ich denke, das Problem, das wir momentan haben ist dass demokratische Systeme unterlaufen werden von Wirtschaftsunternehmen, die nur ihrem eigenen Profit dienen (und dem ihrer Aktionäre), und die Gesetzeslücken suchen und ausnutzen, um möglichst viel Profit zu machen und sich möglichst aller Mitverantwortung zu entziehen. Denen hilft auch die globale Uneinigkeit der Staaten, die immer wieder dazu führt, dass diese Unternehmen Regierungen erpressen, indem sie damit drohen, Arbeitsplätze in andere Länder zu verlegen, wo sich die Regierungen besser erpressen lassen.
Dem scheint derzeit keine Partei und keine Regierung gewachsen zu sein. Wenn man dagegen vor geht, werden erst mal viele Arbeitsplätze verloren gehen, und das wird alle Probleme erst mal verstärken, und die Partei wird ziemlich schnell wieder abgewählt.
Die einzige Lösung, die ich für dieses Problem sehe ist, dass sich Regierungen weltweit zusammenschließen und verhindern, dass sie von der Wirtschaft erpressbar sind. Dadurch, dass die Unternehmen weltweit dieselben Steuern zahlen müssen und nicht drohen können woanders hin zu gehen.
Dazu ist aber genau das Gegenteil von dem notwendig, was all die radikalen Parteien, die derzeit von sich Reden machen, wollen. Wir brauchen nicht mehr Nationalstaat sondern mehr internationale Zusammenarbeit - und das nicht nur auf Wirtschaftsebene sondern vor allem auf sozialer Ebene und auf politischer Ebene, wenn es darum geht die undemokratische Macht der Wirtschaft weltweit einzudämmen.
Um daher darauf zurück zu kommen, dass unser "System" schlecht sein soll - da würde ich ja und nein sagen. Das System ist im Prinzip gut, nur hat es noch Lücken, durch die sich nicht legitimierte Kreise Macht verschaffen. Und die gilt es zu schließen. Und auch das sollte in einem demokratischen System möglich sein.
Und was die Meinungsfreiheit angeht: Die gibt es hier. Aber sie hört da auf wo sie andere Freiheiten verletzt. Und auch das finde ich richtig.
Der Holocaust hat stattgefunden, das wurde zigfach belegt. Es gab auch Gerichtsverfahren, die das klar stellten. Den Holocaust zu leugnen bedeutet ein großes Verbrechen an der Menschlichkeit zu leugnen. Und das kommt einer Verhöhnung der Opfer und deren Angehörigen gleich. Und deren Recht ist richtigerweise das höhere Recht als das Recht einiger Verwirrten Lügen zu erzählen. Genauso verhält es sich damit, dass Hetze gegen Minderheiten oder Volksgruppen oder irgendwelche andere Gruppen, gegen das Grundrecht verstößt, das diesen Gruppen Gleichheit und Unversehrtheit zugesteht, und welches höheren Wert besitzt als das Recht seine freie Meinung für Hetze zu missbrauchen.
Und wer in einem Rechtsstaat meint zu Unrecht ins Gefängnis oder die Psychiatrie zu kommen kann dagegen klagen. Es wurden schon Urteile aufgehoben. Und ich bin nach wie vor der Meinung, dass unsere Gerichte auch unabhängig sind und keine Anweisungen der Politik umsetzen, sondern sich an geltende Gesetze halten und die so gut wie möglich umsetzen. Und das Verfassungsgericht kann auch Gesetzesänderungen für ungültig erklären, wenn sie gegen das Grundgesetz verstoßen.
Wenn man freie Meinung als Pressefreiheit interpretiert, dann gehören wir da weltweit zu den Ländern, in denen das am besten gewährleistet ist:
[
www.reporter-ohne-grenzen.de]