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TV-Erinnerungen an gute, alte Fernsehzeiten
"Ellery Queen" - Geheimtipp für Krimi-Connoisseure
geschrieben von: Pete Morgan, 27.09.10 02:09
Am 28. September 2010 ist es, nach 35 Jahren, soweit: Die legendäre amerikanische Krimiserie "Ellery Queen" wird offiziell in einer 6-DVD-Box remastered erscheinen - alle 22 Folgen plus der anderthalbstündige Pilot-Spielfilm gleichen Titels.

Krimiliebhabern in Deutschland wird die Serie leider nicht viel sagen, wurde sie hierzulande doch nie ausgestrahlt. Warum kein Fernsehgewaltiger auf die Idee kam, diese - zu Unrecht kurzlebige - US-Serie einzukaufen, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben, das nicht mal ein genialer Meisterdetektiv wie Ellery Queen lösen könnte. Denn dadurch ist dem deutschen Fernsehpublikum ein - wie ich finde - Geniestreich des Fernsehkrimis vorenthalten geblieben.

Als Fan und Kenner der Romane von Ellery Queen (hinter dem Pseudonym verbergen sich zwei Autoren) war ich natürlich erpicht darauf, die einzigartige US-Serienadaption aus dem Jahre 1975 sehen zu dürfen. Dies war bislang nur möglich, wenn man aus den Beständen von amerikanischen Privatsammlern TV-Aufnahmen bekam, aber in wenigen Tagen wird sich dies zum Glück ändern. Die dritte filmische Umsetzung der Romanabenteuer um den fiktiven Detektiv Ellery Queen war eine der besten und ist eine Serie, bei der es selbst anspruchsvollsten Fernsehzuschauern und Krimiliebhabern schwer fällt, etwas zum Aussetzen zu finden.

Jim Hutton gibt in der Serie den Krimiautor und leicht tollpatschigen und manchmal etwas zerstreuten Meisterdetektiv Ellery Queen, der mit seinem Vater, Inspector Richard Queen von der Mordkommission in New York, zusammen in einem Apartment lebt. Ellery ist ein liebenswerter Chaot, der seinen Lebensinhalt darin sieht, verzwickte Kriminalromane zu verfassen, noch verzwicktere Mordfälle für seinen Vater zu lösen und diesem so nebenbei mit seiner Tollpatschigkeit den letzten Nerv zu rauben. In der Romanvorlage bereits in den 30er und 40er Jahren angesiedelt, setzen in der Serie die Abenteuer von Ellery Queen zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein.

Wir schreiben das Jahr 1946. Genauer gesagt: Den Silvesterabend des Jahres 1946. Das neue Jahr, 1947, ist nur noch wenige Minuten entfernt, als das Schicksal mit gnadenloser Hand zuschlägt: Auf einer Silvesterparty, auf der zahlreiche Honoratioren der Stadt, der Polizei-Commissioner, der Assistent des Gouverneurs und zufälligerweise auch Inspector Queen mit seinem treuen Assitenten, Sergeant Veelie nebst dessen Gattin, dem neuen Jahr entgegen tanzen, geschieht ein brutaler Mord! Inspector Queen lässt daraufhin das Gebäude abriegeln und - weil er heillos überfordert ist - bittet er seinen Sohn Ellery, den Meisterdetektiv, um Hilfe. Noch vor Mitternacht muss Ellery den Mörder entlarvt haben, sonst rollen Köpfe, und die des Commissioners und des Inspectors stehen ganz oben auf der Liste. Blöd ist nur, dass Ellery Silvester verpennt hat und damit auch die Verabredung mit einer jungen Dame. Die Straßen sind hoffnungslos verstopft (das war schon damals in New York so), und für Ellery beginnt ein Wettlauf mit der Zeit - er muss Blumen besorgen für die Angebetete, sich dort eine Entschuldigung einfallen lassen, sich durch den Verkehr kämpfen (falls er denn eine Taxe erwischt) und obendrein auch noch einen verzwickten Mordfall lösen. Aber Ellery Queen wäre nicht Ellery Queen, wenn er nicht mit dem Paukenschlag des Jahres 1947 das Geheimnis eines gemeinen Mörders lüften würde (er braucht dazu übrigens vom Kennenlernen der Fakten bis zur Lösung des Rätsels nur wenige Minuten..)

Die Serie besticht durch mehrere Aspekte: Zum einen das grandiose Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller, Jim Hutton (Ellery) und David Wayne (Inspector Queen). Unterstützt werden sie von dem markanten Tom Reese als hünenhaftem Sergeant Veelie, sowie - ausgesprochen brillant - John Hillerman (Magnum) als Radio-Detektiv Simon Brimmer und - nicht minder brillant - Ken Swofford als rasendem Skandalreporter Frank "Flash" Flannigan, kurz FF genannt.
Dann wäre da die stimmige und sehr detailgetreue Ausstattung, von der Garderobe über die Inneneinrichtung bis hin zu den Kastenwagen mit Weißwandreifen der End-Vierziger stimmt hier jedes Detail.
Als weiteres ist neben der eingängigen Titelmusik von Elmer Bernstein noch die Atmosphäre anzuführen, die "Ellery Queen" ebenso großartig beigegeben wurde wie der späteren Fernsehverfilmung eines weiteren literarischen Meisterdetektivs, nämlich "Nero Wolfe".
Schließlich aber dürfen sich alle Freunde von Ratekrimis ganz besonders freuen: Denn Ellery Queen wendet sich etwa fünf Minuten vor Ende jeder Episode direkt an die Zuschauer. "Das ist es!", ruft er. "Dass ich das nur übersehen konnte!" Oder "Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?" Er fügt hinzu: "Sie kennen alle Details, haben genau gesehen, wie alles geschah. Und sie haben gesehen, wer der Mörder ist. Ich weiß jetzt, wer (...) umgebracht hat. Wissen Sie es? Ich bin gespannt..."
Und so ist es - denn danach versammelt Ellery in der späteren "Nero Wolfe" - Manier und genau wie in den Romanen alle Verdächtigen und Beteiligten um sich und entlarvt den Mörder. (Etwas Ähnliches kennen wir von Günther Neutze in "Dem Täter auf der Spur"). Ich muss gestehen, dass ich - selbst ein langjähriger Fan, der so gut wie alle Romane von Ellery Queen gelesen hat - nur zweimal in insgesamt 23 Episoden den Mörder noch vor Ellery entlarven konnte. In den Romanen ist es mir bis heute übrigens kein einziges Mal geglückt...

Die Geschichten sind allerdings nur an die Romane angelehnt, zwar nicht minder brillant, aber eine direkte Umsetzung eines Romans wie bei Perry Mason wäre wünschenswert gewesen. Das ist der eine Minuspunkt. Der zweite ist, dass sehr wenige Geschichten Außenaufnahmen enthalten und sich fast alles in nachgebauten Studiokulissen abspielt. Der Krimispannung tut dies allerdings keinen Abbruch. Dass ich so wenig an einer Serie auszusetzen habe, kam bisher wirklich kaum vor...

Für Freunde von Hörspielen bietet die Serie übrigens ein weiteres Highlight - der egozentrische Meisterdetekltiv Simon Brimmer, der hier immer erfolglos versucht, Ellery den Rang abzulaufen, ist der Star von so genannten "Old Time Radio" Shows, und zwar einer Krimireihe, die live einmal wöchentlich über den Äther geht und in Form eines Hörspiels Simon Brimmer die Möglichkeit bietet, einen äußerst komplizierten Mordfall zu lösen. Diese Radio Shows waren die Vorgänger der Fernsehserien, denn das Fernsehen steckte zu jener Zeit noch in den Kinderschuhen. Vom Aufnahmeleiter bis hin zu den Geräuscheffekten wird dem Zuschauer hier vor Augen geführt, wie damals die Radiohörspiele entstanden. Das ist einzigartig und ganz großes Krimikino für zuhause.

Die Anschaffung der Serie lohnt sich auch, wenn man nur Schulenglisch versteht, denn das gesprochene Englisch entbehrt jeglichen Slangs und ist sehr klar und deutlich verständlich. Auch gibt es kaum Fremdwörter oder Ausdrücke - von ein paar Medikamenten wie "Phenobarbitol" mal abgesehen - die man nicht verstehen oder ableiten kann. Der Humor ist dezent, bewegt aber zum Schmunzeln, und für Seriennostalgiker bietet "Ellery Queen" ein Wiedersehen mit hochkarätigen Serienstars der 60er und 70er in ausgezeichneten Gastrollen.

Was ein Krimiliebhaber ist, der gerne selbst auf Möderhatz geht, für den führt an Ellery Queen einfach kein Weg vorbei. Es ist ein Jammer, dass diese tolle Krimiserie in Deutschland nie vorgestellt wurde - für mich persönlich ist sie sowohl schauspielerisch als auch inhaltlich eine der allerbesten amerikanischen Krimiserien. Ich kann die Abenteuer von "Ellery Queen" nur wärmstens empfehlen. Und ich werde sie sicherlich nicht nur einmal anschauen...

Der Lonewolf Pete

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  "Ellery Queen" - Geheimtipp für Krimi-Connoisseure
Pete Morgan 27.09.10 02:09 908 
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onlyoneman 27.09.10 17:02 391 
  Re: "Ellery Queen" - Geheimtipp für Krimi-Connoisseure
Rosalia 27.09.10 18:51 388 
  Re: "Ellery Queen" - Geheimtipp für Krimi-Connoisseure
Stahlnetz 27.09.10 19:37 419 
  Re: "Ellery Queen" - Geheimtipp für Krimi-Connoisseure
charlotte-brigitte 27.09.10 20:57 424 


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