Der Einsatz sowie vor allem die Konsequenzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz sorgen in der Film- und Fernsehbranche für immer mehr Besorgnis, allen voran natürlich unter denen, deren Jobs unmittelbar davon betroffen sind: den Synchronsprechern. Um ein Zeichen zu setzen und auf die Gefahren von KI hinzuweisen, hat heute der Verband Deutscher Sprecher:innen e.V. (VDS) ein Video mit der Botschaft "Schützen wir die künstlerische, nicht die künstliche Intelligenz" veröffentlicht.
Mit dem Aufruf möchte der VDS das Bewusstsein der Zuschauer und der zuständigen Institutionen für die Risiken schärfen, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in den Bereichen Film, Fernsehen und anderen audiovisuellen Medien verbunden sind. Insbesondere soll auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden, wenn menschliche Stimmen durch KI-generierte Stimmen ersetzt werden, denen es an Empathie, emotionaler Tiefe und kulturellem Kontext fehlt.
Der VDS informiert darüber, dass sich immer mehr Sprecher gegen die unkontrollierte und illegale Nutzung ihrer Stimmen wehren und sich für den Erhalt der Qualität von menschengemachten Kunstwerken einsetzen. Gleichzeitig will der Verband auch die Konsumenten dazu ermutigen, den Kampf um eine größere Aufmerksamkeit von Seiten der Regierung, der zuständigen Institutionen und der Europäischen Union zu unterstützen. Eine ganz konkrete Forderung betrifft die Synchronarbeit und Übertragung fremdsprachiger Werke ins Deutsche: Es müssen laut VDS Maßnahmen ergriffen werden, um einen Beruf zu schützen, der fremdsprachige Figuren und Geschichten zum Leben erweckt und die Werke für alle barrierefrei erlebbar macht. Aus diesem Grund beteiligen sich zahlreiche bekannte Stimmen an der Videobotschaft des VDS, in der sie "Nein" zu einer Welt sagen, in der künstlerischer Ausdruck von einer gefühllosen Maschine ersetzt und in den Schatten gestellt werden soll.
In dem Video erklären die beteiligten Sprecher: Wir alle sollen bald eine Computerstimme bekommen. Und dann müsst ihr euch Filme ansehen mit künstlichen Stimmen von Robotern. Und diese Roboter wurden mit unseren Stimmen trainiert, ohne unsere Zustimmung, auf illegale Weise. Und weiter. Eine Welt, in der der künstlerische Ausdruck durch eine gefühllose Maschine ersetzt wird, wollen wir nicht. Die Sprecher fordern die zuständigen Institutionen dazu auf, sie und jegliche Kunstform zu schützen, und bitten auch die Zuschauer um Unterstützung. Lasst euch nicht nehmen, was ihr liebt: Fesselnde Filme mit Stimmen von echten Menschen mit echten Gefühlen.
Schon vor einigen Tagen ging auf dem sozialen Netzwerk TikTok ein anderes Video viral, in dem sich Sprecher Sven Plate zusammen mit einigen weiteren Kollegen gegen jeglichen Einsatz von KI im Synchrongeschäft starkmacht:
Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes erläuterte vor einigen Wochen im TV Wunschliste-Interview: Die KI kann beides sein, Werkzeug und Waffe. Aber genau deswegen, weil sie eben auch Waffe sein kann, ist es so wichtig, dass wir unsere Waffengesetze verschärfen. Wir müssen jetzt die Rahmenbedingungen festlegen, wie wir als Menschen mit der KI kooperieren wollen. Das ist der entscheidende Punkt. (zum kompletten Interview)
Der Widerstand gegen den Einsatz von KI in der Film- und Fernsehindustrie nimmt immer mehr Fahrt auf. Vor einigen Wochen sorgte MagentaTV für Aufruhr, als dort die Serie "Murderesses" veröffentlicht wurde, deren deutsche Synchronfassung mit Künstlicher Intelligenz erstellt wurde. Die Kritik an dem mangelhaften Ergebnis sorgte dafür, dass MagentaTV die Serie daraufhin offline nahm (TV Wunschliste berichtete). Nichtsdestotrotz kündigte Prime Video jüngst ein Pilotprogramm zur KI-Synchronisation lizenzierter Filme und Serien an, mit deren Hilfe Produktionen synchronisiert werden sollen, für die in manchen Ländern und Regionen bisher keine Synchronfassung verfügbar ist und eine professionelle Synchronisation als zu teuer betrachtet wird.