Gestern wurde in Auszügen ein Spiel-Online und SZ-Online zugespieltes Video veröffentlicht, das den zwischenzeitlichen, von der rechtspopulistischen FPÖ gestellten österreichischen Vizekanzler Hans-Christian Strache im Gespräch mit einem offensichtlichen Lockvogel zeigt, der sich als russische Oligarchentochter ausgab. Seine Publizierung hat in Österreich mittlerweile eine Staatsaffäre ausgelöst.
Während des mehrstündigen Gesprächs in legerer Urlaubsatmosphäre gebärdet sich Strache hochgradig autoritär, stellt Staatsaufträge gegen illegale Parteispenden in Aussicht, lässt durchblicken dass er die Medien an die kurze Leine nehmen möchte und beleidigt durch die Bank auf obszöne Weise österreichische Politiker anderer Parteien, auch jene, mit denen er später in eine Koalition eintreten sollte.
Verdächtig ist in diesem Zusammenhang das Verhalten Jan Böhmermanns, der bereits vor Wochen detailgenau über die Äußerungen Straches in besagtem Video bescheid wusste und sich mehrfach darüber in Andeutungen erging. Im April begründete er im Rahmen der Verleihung eines österreichischen Fernsehpreises sein Fernbleiben mit den Worten: "Ich kann den Preis nicht selbst abholen, weil ich gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchen-Villa auf Ibiza rumhänge".
In seiner letzten "Neo-Magazin-Royal"-Sendung stellte Böhmermann gegenüber einem Gast in Aussicht, dass Österreich bald "brennen" werde. Schon 2016 hatte Böhmermann einen Lockvogel in der Reality-Soap "Schwiegertochter gesucht" platziert und damit einen kleineren Medienskandal produziert, der ihm zu großer Bekanntheit verhalf. Könnte es sein, dass er mit einem weiteren Lockvogel den privat gern großspurig auftretenden HC Strache, dem vor der Nationalratswahl beste Umfragewerte bescheinigt wurden und der vor einer wahrscheinlichen Regierungsbeteiligung stand, gehörig bei der Eitelkeit packte und in feucht-fröhlicher Umgebung zu verfänglichen Aussagen verleitete?
Vielleicht hatte die Redaktion anfangs Angst vor der eigenen Courage und hielt den Beitrag zunächst zurück. Als der Zeitpunkt ideal erschien spielte man das Video möglicherweise über Bande und reichte es an die etabliertesten Recherchemedien Deutschlands weiter, um das ZDF etwas aus der Schusslinie zu nehmen. Was haltet ihr von diesem Szenario?
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.05.19 19:45.