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Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
geschrieben von: TV Wunschliste, 29.08.18 17:18
Betrachtet man die aktuelle Landschaft deutscher Primetime-Shows, so stellt man vor allem eines fest: sie sind ellenlang - viel zu lang! Alleine am vergangenen Samstag (25. August) sind drei Shows gegeneinander angetreten, die allesamt mindestens eine Länge von drei Stunden besaßen: "Verstehen Sie Spaß?" (bis 23.30 Uhr im Ersten), "Denn sie wissen nicht, was passiert" (bis 0 Uhr bei RTL) und der bereits wieder abgesetzte Flop "Time Battle - Kämpf um deine Zeit!" (bis 23.15 Uhr auf ProSieben). Auf den großen deutschen Sendern gibt es mittlerweile kaum noch Samstagabendshows unter 180 Minuten - das ist tatsächlich der neue Richtwert.

Es stellt sich die Frage nach dem Warum, denn in den meisten Fällen ist diese Überlänge nicht gerechtfertigt, da die wenigsten Showkonzepte über mehrere Stunden hinweg tragen bzw. wirklich unterhaltsam sind. Aktuelles Beispiel: "Time Battle". Grunsätzlich ist es zu begrüßen, dass ProSieben optimistisch und voller Tatendrang neue Shows an den Start bringt, anstatt komplett auf Sitcom-Konserven zu vertrauen. Zudem verzichtete "Time Battle" auf Promis und gab unverbrauchten Moderatoren eine Chance, anstatt auf "die immergleichen Gesichter" zu setzen - was allgemein häufig bemängelt wird. Doch die neue Showhoffnung erlitt Quoten-Schiffbruch, erntete miese Kritiken und wurde nach nur einer von vier geplanten Ausgaben abgesetzt.

Janin Ullmann und Christian Düren präsentierten "Time Battle" (Bild: ProSieben/Willi Weber)

Nur wenig Show-Konzepte sind für das XXL-Format geeignet

Dabei ist das Konzept an sich nicht schlecht gewesen: Zweier-Teams treten in einem Wechsel aus Quiz und Aktionsspielen an, um gemeinsam möglichst viel Geld zu erspielen. In einem körperlich anspruchsvollen Geschicklichkeitspiel erspielt einer der beiden Zeit, die sein Partner anschließend in einem Quizteil benötigt. Dies kann durchaus unterhaltsam sein und funktionieren - in einem 45-minütigen Format wie beispielsweise bei "Die perfekte Minute", nicht aber in Gestalt einer aufgeblähten zweieinhalbstündigen Ewigkeitsshow am Samstagabend, in der die wiederkehrenden Spielelemente schnell ermüden. Wenn man es dennoch wagt, müssen zumindest die Moderatoren Schwung in die Sache bringen - doch Janin Ullmann und Christian Düren blieben blass.

Etwas anders verhält es sich bei "Denn sie wissen nicht, was passiert", der neuen RTL-Spielshow mit den Unterhaltungsgrößen Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Barbara Schöneberger. Die drei Showhasen werden gemeinsam ins eiskalte Wasser geworfen, denn erst zu Beginn der jeweiligen Folge entscheidet sich, wer von ihnen moderieren und völlig unvorbereitet durch die Show führen muss. Die anderen beiden treten als Team gegen ein anderes prominentes Duo in mehreren Spielrunden an. Die Teams spielen für zwei zufällig ausgeloste Publikumskandidaten, die 50.000 Euro gewinnen können. Gerade die zweite Ausgabe mit Oliver Pocher und Pietro Lombardi war äußerst unterhaltsam - und dennoch mit fast vierstündiger Bruttolaufzeit rund zwei Stunden zu lang. Je später der Abend, umso mehr ließ sowohl die Motivation der Promis als auch die Begeisterungsfähigkeit des Studiopublikums spürbar nach. Der Gipfel des Irrsinns ist schließlich, dass diese viel zu lange Show auch noch im wöchentlichen Rhythmus gezeigt wird - anstatt sie als besonderes Event einmal im Quartal auszustrahlen. Es hatte schon seinen Grund, weshalb "Wetten, dass..?" nicht sechs Wochen in Folge, sondern über das Jahr verteilt lief.

Oliver Pocher und Pietro Lombardi spielten gegen Barbara Schöneberger und Günther Jauch. Thomas Gottschalk moderierte diese Ausgabe. (Bild: MG RTL D/Frank Hempel)

Es ist bemerkenswert, dass der Trend der XXL-Shows ein rein deutsches Phänomen ist. Während bei uns auch Casting- und Tanzshows wie "The Voice of Germany" oder "Let's Dance" durchaus drei bis vier Stunden lang dauern, beschränken sich die britischen und amerikanischen Pendants auf völlig ausreichende 90 bis 120 Minuten pro Folge. Die US-Kinder-Gripsshow "Genius Junior" ist mit 42-minütigen Folgen halb so lang wie die kürzlich gefloppte deutsche RTL-Adaption "Einstein Junior", die mit überflüssigen Einspielfilmen und unpassenden Parodien von Max Giermann unnötig in die Länge gezogen wurde. Die Liste könnte problemlos fortgeführt werden, denn nahezu jede Show-Adaption aus dem Ausland wird für den deutschen Markt maßlos ausgedehnt - man erinnere sich etwa an den Gottschalk-Flop "Little Big Stars" aus dem vergangenen Jahr.

Stefan Raab revolutionierte den Samstagabend

Doch warum sieht die Show-Landschaft im Jahr 2018 überhaupt so aus? These: Hätte es "Schlag den Raab" nie gegeben, wäre diesbezüglich wohl vieles anders verlaufen. Es war eine Revolution, als Stefan Raab im Herbst 2006 erstmals bis weit nach Mitternacht in seiner neuen Show antrat. Bis dahin galt "Wetten, dass..?" als das Maß aller Dinge - und die Zuschauer bemängelten es, wenn Gottschalk wieder einmal überzog und nicht pünktlich um 22.30 Uhr fertig war - aus heutiger Sicht regelrecht putzig. Denn seit dem Siegeszug von "Schlag den Raab" haben die anderen Sender (Private und Öffentlich-Rechtliche) nachgezogen und nicht nur ihre neuen Shows diesem Maßstab angepasst, sondern auch Schritt für Schritt ihre bestehenden Formate verlängert - selbst der Klassiker "Verstehen Sie Spaß?" dauert heute eine Stunde länger bis 23.30 Uhr.

Stefan Raab revolutionierte mit "Schlag den Raab" die Samstagabendshow. (Bild: ProSieben/Willi Weber)

Die lange Laufzeit von "Schlag den Raab" war konzeptuell begründet, denn bis zur letzten Sekunde war stets offen, wer am Ende gegen 1 Uhr nachts als Sieger vom Platz geht. Bei den meisten anderen Formaten ist die XXL-Dauer hingegen nicht gerechtfertigt. Es handelt sich schlichtweg um Zeitverschwendung ohne Mehrwert für den Zuschauer. In Casting- und Competitionshows wird die Verkündung der ausgeschiedenen Kandidaten etwa bis zur Unerträglichkeit hinausgezögert. "Schlag den Raab" war dagegen stimmig, hatte eine klare Dramaturgie und einen Spannungsbogen, zwischen den abwechslungsreichen Spielen traten Musicacts auf - und nicht zuletzt war die Show live! Viel zu oft verkennen die Sender den um ein Vielfaches größeren Reiz einer großen Show, wenn sie live ausgestrahlt wird. Denn als Zuschauer wird man dadurch unmittelbar Teil dessen, was in genau in diesem Moment passiert.

Dies haben inzwischen auch die Macher von "Joko gegen Klaas - Das Duell um die Welt" erkannt, das seit letztem Jahr live über die Bühne geht. Der Wettkampf zwischen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf wird dadurch noch spannender und die nach wie vor unterschätzte Jeannine Michaelsen kann mit ihren ausgefallenen Moderationen und Schachtelsätzen zwischen den abwechslungsreichen Spielen glänzen. Eine weitere positive Ausnahme sind die Live-Event-Shows von und mit Florian Silbereisen im Ersten. Die aufwendig gestalteten Auftritte von mehr als 20 Künstlern in Deutschlands größten Hallen machen den "Schlagerbooom" und Co. für Fans zu echten Happenings und lassen die drei Stunden wie im Flug vergehen.

Vielfalt? Fehlanzeige

Doch von diesen wenigen Ausnahmen abgesehen wird heutzutage allgemein viel zu selten hinterfragt, ob ein Konzept wirklich für eine drei- bis vierstündige Show geeignet ist. Dabei ist bemerkenswert, dass sich parallel zur Verlängerung der Shows eine zunehmende Eintönigkeit im Ablauf breitgemacht hat. Klassiker wie "Am laufenden Band", "Einer wird gewinnen", "Geld oder Liebe" oder eben auch "Wetten, dass..?" boten in rund zwei Stunden eine facettenreiche Mischung aus unterschiedlichen Spielen, Showeinlagen, Gesprächen mit Talkgästen und Musikauftritten aus aller Welt. Heute sitzen dagegen drei Stunden lang Promis hinter ihren Pulten, um eine Quizfrage nach der anderen beantworten. Auch bei "Denn sie wissen nicht, was passiert" und "Time Battle" folgt stur eine Spielrunde nach anderen. Vielfalt, Showeinlagen oder Abwechslung - Fehlanzeige.
Die vier Moderatoren der "Wetten, dass..?"-Geschichte: Frank Elstner, Thomas Gottschalk, Wolfgang Lippert und Markus Lanz (Bild: ZDF/Svea Pietschmann)

RTL setzte früher noch auf einen gestaffelten Show-Samstag. Damalige Erfolgsformate wie "Die 100.000,- Mark Show" oder "Traumhochzeit" besaßen eine Netto-Laufzeit von 90 Minuten. Den restlichen Samstagabend bestückte man lange Zeit im Anschluss mit "Wie bitte?!" und "RTL Samstag Nacht". Heutzutage scheint eine derartige Programmplanung nahezu ausgestorben zu ein. Anstatt mehrere kürzere Formate hintereinander zu zeigen, wird lieber eine Show über Stunden hinweg ausgedehnt - ob sinnvoll oder nicht.

Der Grund ist schnell erklärt: Es geht mal wieder um die Einschaltquote. Denn nicht nur aus ökonomischer Sicht ist es für den Sender günstiger, eine lange Show anstelle von zwei kürzeren Shows produzieren zu lassen. Üblicherweise lassen sich zu späterer Stunde leichter höhere Marktanteile erzielen, so dass sich über die Gesamtlaufzeit einer langen Show hinweg ein höherer Durchschnittsmarktanteil ergibt. Anders gesagt: "Hinten raus wird die Quote gemacht" - selbst wenn sich zu diesem Zeitpunkt schon viele Zuschauer in einem ausgelaugten Zustand befinden. Zudem umgehen die Sender die Gefahr, dass bei einer im Anschluss gezeigten kürzeren Show die Zuschauer verloren gehen.

Weniger ist manchmal mehr

Dass es auch anders geht, beweist der Blick ins Ausland. "Ant & Dec's Saturday Night Takeaway" aus dem Hause ITV ist die erfolgreichste klassische Samstagabendshow Großbritanniens, die von bis zu acht Millionen Menschen gesehen wird. In knapp 70 Minuten bietet das Duo Anthony McPartlin und Declan Donnelly eine temporeiche Bandbreite an Show-Inhalten, die die meisten deutschen Formate nicht einmal in drei Stunden erreichen. Daher wäre es mehr als wünschenswert, dass sich auch die deutschen Fernsehmacher mal wieder an die alte Faustregel "Weniger ist manchmal mehr" erinnern würden, anstatt von ihren Zuschauern immer mehr Sitzfleisch abzuverlangen.

29.08.2018 - Glenn Riedmeier/TV Wunschliste
Bild: MG RTL D / Frank Hempel / ProSieben / Willi Weber


[www.wunschliste.de]

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  Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
TV Wunschliste 29.08.18 17:18 1321 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
tiefra 29.08.18 19:33 632 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
Hitparadenfan 29.08.18 20:09 660 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
Argus 30.08.18 10:36 553 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
Helmprobst 30.08.18 13:06 716 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
Blitzbirne 30.08.18 16:09 555 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
BlackOak 30.08.18 14:25 531 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
U56 30.08.18 19:44 502 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
U56 30.08.18 16:41 667 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
VT 5081 30.08.18 19:20 502 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
U56 30.08.18 19:51 498 
  Re: Show-Irrsinn: Sender, stoppt den XXL-Wahn!
faxe61 30.08.18 20:43 581 


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