Du hast natürlich recht dass das Schmähgedicht an sich jeden Tatbestand der Beleidigung, gar der Verleumdung erfüllt.
Das ist aber nicht das Hauptproblem. Das Strafgesetz ist dem Grundgesetz nachgestellt, d.h. es kann nur zu Anwendung kommen wenn der Sachverhalt nicht durch ein spezielles Recht geschützt wird. Und das könnte durchaus sein, denn in Deutschland gibt es die Kunstfreiheit. Aber auch das Recht auf persönliche Ehre ist im Grundgesetz verankert - wir haben hier also das Problem von kollidierenden Verfassungsrechten, und diese können im Zuge einer praktischen Konkordanz nur durch Einzelfallbetrachtung gelöst werden.
Dazu ein Urteil bezüglich einer satirischen Bilddarstellung (OLG Hamburg, Urteil v. 30.10.2007, Az. 7 U 73/01):
"Eine Photomontage zur satirischen Berichterstattung ist vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten dann rechtswidrig, wenn der Betrachter aufgrund der Realitätsnähe der Verfremdung – und insbesondere wegen des Fehlens karikaturhafter Züge – irrig annimmt, die abgebildete Person sehe wirklich so aus. "
Übertragen auf den vorliegenden Fall müsste man also argumentieren, dass niemand annimmt Böhmermann glaubt wirklich Erdogan ist ein "Ziegenficker" oder hält seine Töchter im Keller gefangen, und der karikaturhafte Kontext wäre schon durch seine einleitenden Worte dass das Folgende in Deutschland verboten werde ersichtlich.
Es bleibt also weiterhin ein verfassungsrechtliches Problem, bei dem das hohe Gut der Unverletzlichkeit der persönlichen Würde gegen das Hohe Gut der Kunstfreiheit aufgewogen werden muss.