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Re: So wie Du bist - gestern Abend in der ARD
Nachdenker schrieb:
------------------------------------------------------- > Also mir hat der Film vermittelt , dass alle > Menschen mit dem Down-Syndrom so sind. Das ist mir gestern bei "Zeig mir Deine Welt" aufgefallen: Die jungen Leute, die da vorgestellt wurden, leben ein selbstbestimmtes Leben, sind wenig bis fast gar nicht eingeschränkt durch ihre Behinderung, sind berufstätig, körperlich (soweit einschätzbar) gesund. Das ist wunderbar, aber ungefähr so verallgemeinerbar wie eine Reportage über Jugendliche in Brasilien, die sich ausschließlich mit erfolgreichen Fußballern und hoch bezahlten Models befasst. Und so gut ich die Beweggründe Down-Syndrom-Betroffener verstehen kann, die gegen eine Schwangerschaftsfrühdiagnose kämpfen (unter anderem darum ging's gestern), weil sonst Kinder wie sie vielleicht gar nicht zur Welt gekommen wären: Ich kenne gleich zwei Fälle in meiner näheren Bekanntschaft, wo DS-Kinder aufgrund der Stärke ihrer geistigen Behinderung keine Chance haben, jemals selbstbestimmt zu leben (was die Eltern vor die bedrückende Frage stellt, was aus dem geliebten Kind mal wird, wenn sie es nicht mehr betreuen können) und die zudem multiple körperliche Behinderungen haben, die oft mit diesem Gendefekt einhergehen. In diesem Zusammenhang finde ich es bedenklich, werdenden Eltern ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie sich gegen ein behindertes Kind entscheiden und ihnen ständig vor Augen zu halten, was für ein Geschenk ein solches Kind doch in Wahrheit ist. In vielen Fällen ist es das nicht, und ich würde niemals jemanden verdammen, der sich aus Angst, seinem Kind beim Leiden zusehen zu müssen, gegen das Baby entscheidet. Die berühmten Bilder, auf denen schwerstbehinderte Kinder glücklich lachen, sind sehr berührend. Aber sie zeigen nicht, wie oft dasselbe Kind vor Angst und Kummer weint, wenn es (wie die Tochter einer Bekannten), wieder zu schmerzhaften Untersuchungen – manchmal für Wochen – ins Krankenhaus muss. Ohne Begleitung der Mutter, weil die nicht jedesmal mit kann, weil sie sonst ihren Job verliert, und von irgendwas muss die kleine Familie (es gibt noch einen Bruder) ja leben. Und sie zeigen auch nicht, wie oft die Mutter sich bei uns schon die Augen ausgeheult hat, weil sie selbst schon fast Fünfzig ist und schon jetzt kaum noch Kraft für den Alltag hat und sich einigermaßen ausrechnen kann, ab wann ihre geliebte Tochter in einem Pflegeheim auf die Fürsorge Fremder angewiesen sein wird – und das bei unserem Pflegesystem. Insoweit sind diese Reportagen natürlich tatsächlich nicht allzu realitätsnah. Beeindruckt haben mich die jungen Leute in "Zeig mir Deine Welt" trotzdem. Aber es ist wie überall: Verzerrte Bilder mögen nett anzuschauen sein ... hilfreicher wäre es, wirklich mal tiefer unter die Oberfläche zu schauen. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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