Es trifft schon zu dass die Lindenstraße als Plattform dient um linke Kommentare zum Tagesgeschehen abzugeben, an einen konservativen Kommentar kann ich mich jedenfalls nicht erinnern.
Andererseits stelle ich nach 25 Jahren fest, dass die Figuren keinesweg so schwarz-weiß - hier die guten Linken und da die bösen Konservativen - gezeichnet sind:
- Hans Beimer z.B., das wandelnde Gewissen der Lindenstrasse, hat sich im Laufe der Zeit doch allerhand Fehler geleistet. Wie schnöde hat er damals seine Frau verlassen, wie hat er sie beschimpft "Du missgünstiges Weib, Du" (oder so ähnlich). Zwischen Deutschen und Ausländern wird selbstverständlich kein Unterschied gemacht, bis seine Tochter mit einem Griechen geht. Da konnte man sich Sprüche anhören die man sonst nur dem "konservativen Spießbürger" zuschreibt. Den "kleinen Eisfresser" mit dem er Manoel seinerzeit bedacht hatte habe ich ihm bis heute nicht verziehen.
- Seine Anna ist an Zickigkeit nicht zu überbieten und warum nur attackiert sie dauernd Helga, der sie den Mann ausgespannt hat. Sie hat den Hansemann doch schließlich bekommen. Niemals war auch nur ein Anflug von schlechtem Gewissen zu bemerken.
- Oder Hajo Scholz, der sich jetzt so über den bösen Steuersünder erhebt: wie ist er damals mit seinem "Rehlein" umgegangen, unsensibel und egoistisch bis zum geht-nicht-mehr.
- Adi Stadler - eine meiner Lieblingsfiguren - der grantige Alt-68er ist ja nun auch kein gesellschaftliches Vorbild (aber er steht wenigstens dazu).
Keine der grün-linken Figuren ist nur edel, integer und immer konsequent, fast jeder von ihnen ist sich im Zweifelsfall selbst der Nächste.
Die Konservativen der Serie haben ebenfalls gute und böse Seiten, betrachen sich selbst für mein Empfinden aber wenigstens ab und zu kritisch wie Doc Dressler oder Olaf Kling, die sich ihrer Fehler durchaus bewusst sind.
Selbst "rechtsaußen" wird nicht nur als von vornhein böse sondern - zumindest bei Jugendlichen - auch als fehlgeleitet dargestellt - zur Zeit wieder auf einsfestival bei Klausis Geschichte hervorragend dargestellt.
Letzten Endes, über den langen Zeitraum betrachtet, ist gut und böse, hilfsbereit oder egoistisch nicht von der politischen Gesinnung abhängig. Deshalb ist die Lindenstrasse für mich eine der realistischsten Serien überhaupt.
Noch ein Satz zu den sogenannten Gutmenschen: mit gefällt dieses Wort auch nicht. Es diskrimimiert diejenigen die sich ihren Idealismus noch bewahrt haben und die auch das meinen was sie sagen.
Mit diesem Begriff sind ja wohl eher Leute gemeint die furchtbar moralisch tun aber letzten Endes auch nicht besser sind als andere. Früher nannte man das Heuchler oder Moralapostel. Das sagt besser aus was gemeint ist.