Als Erfinder der seit 1971 ausgestrahlten
"Sendung mit der Maus" gehört
Armin Maiwald zu den Pionieren des deutschen Kinderfernsehens. Die "Frankfurter Rundschau" hat mit ihm ein lesenswertes Interview geführt, in dem er kein Blatt vor den Mund nimmt.
Die Entwicklung der Kinderprogramms in der ARD mache ihn wütend: "Vor Jahren noch gab es etwa im WDR eine lange Strecke für Kinderprogramm, die ist weg, alles abgebaut zugunsten von irgendwelchen Talkshows oder sonstigem Kram. Seit 20 Jahren herrschen nur noch Quotendruck und Kommerz". Die beste Fernsehzeit für Kinder sei der frühe Abend, doch dem stehen die Interessen der Werbeindustrie entgegen. Der öffentlich-rechtliche KI.KA sei lediglich ein "Alibi", um die Kindersendungen aus dem Hauptprogramm drängen zu können.
Ansprechende Format sieht Maiwald, in dessen Verantwortung auch Klassiker wie
"Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" und
"Hallo Spencer" fallen, dort mehrheitlich nicht. Das Programm des Kinderkanals sei "schrill und schreiend bunt, das nähert sich immer mehr dem Privatfernsehen an". Dominiert werde es von "Spielshows und Serien mit einer beständigen aufgesetzten Dauerfröhlichkeit in einer Lautstärke und einer Sprach-Frequenz, die fast schon wehtun". Gutes Kinderfernsehen dagegen müsse die Kinder ernst nehmen, sie neugierig machen und "dazu anregen, hinauszugehen und sich die Welt genauer anzuschauen". Inzwischen finde Kinderfernsehen überwiegend bei den Privatsendern statt, dort gehe es aber nur darum, "den Kindern etwas zu verkaufen, also sie dazu zu verleiten, von ihren Eltern gewisse Dinge zu verlangen".
Die Krise des Kinderfernsehen sei auch ein gesellschaftliches Problem. Die Bildungsmisere lasse sich eins zu eins aufs Fernsehen übertragen. Eltern sollten mit ihren Kindern gemeinsam fernsehen, um ihre Fragen zu beantworten und das TV-Gerät "nicht als elektronische Großmutter missbrauchen und die Kinder einfach davor absetzen". Die frühmorgendlichen Sendetermine für Programme wie die
"Sesamstraße" kritisiert Maiwald im gleichen Atemzug: Wenn "die Öffentlich-Rechtlichen ihren Bildungsauftrag ernst nehmen würden, dann verführten sie nicht dazu, morgens zu schauen. Das kann doch nicht vernünftig sein!"
Die Frage, ob das Fernsehen mit Blick auf das Internet gerade seine Zukunft verspiele, bejaht Maiwald: "Ja, die Öffentlich-Rechtlichen sind bescheuert. Wenn sie die Kinder so schlecht bedienen, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn sie sie später als Erwachsene verlieren. Wenn sie heute Erwachsene fragen, dann erinnern sich alle an "Augsburger Puppenkiste" oder "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" oder
"Pan Tau" - das geht quer durch die Generationen. Das sind Kindheitserinnerungen an Dinge, die in der ARD zu Hause waren. Die Menschen sind damit aufgewachsen. Aber irgendwann wird das anders sein, weil es dann diese gemeinsamen Erinnerungen nicht mehr gibt."
Eine Idee wie die "Sendung mit der Maus" hätte heutzutage keine Zukunft mehr: "Wir hatten anfangs auch wenig Zuschauer, aber wir hatten Zeit. Unter den heutigen Voraussetzungen würde die Maus das erste halbe Jahr nicht überleben. Keine Chance."
10.11.2009 - Michael Brandes/wunschliste.de
Quelle: fr-online.de; Bild: WDR/Bettina Fürst-Fastré
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