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Re: Typisch deutsch, Sozialismus
Geld ist gar nicht so die Frage. Klar, dass das in der systemischen Auseinandersetzung am Ende daran scheiterte. Viel schlimmer wiegt einfach, dass das ganze System inhuman war.
Den Vorwurf würde ich übrigens dann auch der Planwirtschaftschaft machen, denn letztendlich war das Ergebnis realitätsfremd und beachtete gar nicht, wie der Mensch ist, sondern formulierte, wie der Mensch dann sein sollte und zog dieses vorformulierte Ideal dann bis in den Exzess dann auch so weit durch, dass der Mensch dann dem Plan genügen solle, wenn zwei Millionen Zahnbürsten gebraucht werden, aber nur eine Million geplant ist. Ganz davon abgesehen muss man sich mal den ganzen Wahnsinn einer Wirtschaftplanung und Prognoseleistung bis in Kleinigkeiten vorstellen. Das ist ja selbst heute, mit der Unterstützung moderner IT, eigentlich nur als ein Monster von Verwaltungsapparat denkbar. Darüber hinaus noch grundsätzlich etwas zu dem, was ich geschrieben habe: Ich denke, ich muss mich hier korrigieren. Die Leute denken nicht erst durch Schulz wieder über die Themen der Gerechtigkeit und der gerechten Gesellschaft nach. Schulz scheint nur die Projektionsfläche und der Auslöser zu sein, dass Leute diese Fragen wieder in die Öffentlichkeit tragen. Die Zustimmung und der Höhenflug der Partei und Schulz ist nicht unbedingt darin begründet, dass die Leute dieser Partei und ihrem prominenten Gesicht wieder mehr trauen werden, es ist vielmehr eine Art finaler Vertrauensvorschuss, bei dem wohl in vielen Leuten die Hoffnung auf Veränderung wieder aufkeimt. Schon jetzt verbinden die Menschen damit aber auch Forderungen, die sie vor einem halben Jahr öffentlich so noch nicht gestellt hatten. Deshalb meine ich, dass vielleicht auch jetzt eine wirklich realistische Chance besteht, die SPD zu mehr Sozialdemokratie zu treiben. Es gibt einen Teil in der SPD, den man tatsächlich zu einer Abkehr vom alten Kurs bringen kann. Es gibt in deutlich kleinerer Zahl, aber in entscheidenden Spitzenpositionen einen anderen Teil, der so weit nicht gehen will. Gerade dieser hat Schulz überhaupt in die Position gehievt und Gabriel zum Rücktritt gebracht. Deshalb kann nur weite betonen, dass man warten muss, bis Ende Juni das tatsächliche Programm steht, und wenn Schulz seine Reden hält, sollte man trotzdem eher den Blick auf die zweite Riege dahinter wenden - welche Äußerungen die "Buddys" Gabriels tätigen, mit welchen Äußerungen die Linken der SPD plötzlich wieder prominenter durchkommen. Nach Außen macht jede Partei auf geschlossen, aber innerhalb gärt es schon seit Jahren in der SPD, wie in keiner anderen Partei - auch wenn Agenda und Hartz dafür gesorgt haben, dass eine Menge Leute ausgetreten sind, die dementsprechend kein Druck mehr machen können. Vor wenigen Monaten hätte ich noch gedacht, dass der linke Flügel in der SPD quasi tot sei. Von den Jungen scheint da immerhin in der Zwischenzeit etwas nachgerückt zu sein, muss man sagen, und so ganz tot war das dann wohl doch nicht. Eine autoritäre Spitze konnte das nur glatt bügeln. In der Basis der Ortsvereine weht meines Wissens in dem Sinne ein frischer Wind, dass auch hier Leute wieder mehr als nur Karteileichen werden. Die konnte man anscheinend bei den letzten größeren Wahlen kaum noch für die klassischen Aufgaben vor Ort bewegen, wie plakatieren und Wahlwerbung machen, weil die Leute einfach nicht mehr hinter ihrer Spitze standen. So war es wohl zumindest im "roten" Ruhrgebiet seit einigen Jahren. Deshalb kann ich nur dazu auffordern, zu beobachten, was dort passiert und mit den eigenen Möglichkeiten einfach Druck zu machen. Das dürfte jetzt allerdings alles schon gewaltig off topic zum eigentlichen Thema sein. Wenn man hier die Kurve zu "typisch deutsch" wieder kriegen will, dann vielleicht dadurch, dass es irgendwie auch wieder typisch deutsch ist, wie politisch debattiert und diskutiert wird. Unsere Demokratie ist mittlerweile wohl alt genug, um eine eigene demokratische Debatten- und Diskussionskultur entwickelt zu haben. Dieses Thema wurde beendet. Eine Antwort ist daher nicht möglich.
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