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Waschbären - Was sonst? Die Grenzen der Technik in den USA
Das habe ich heute von einem Bekannten erhalten. Auch in Gods own country scheint manches im Argen zu liegen.
Und einiges kommt mir bekannt vor. Waschbären - Was sonst? Die Grenzen der Technik in den USA Erlebnisse eines Journalisten Heute habe ich wieder einen hundsgemeinen Brief an meine Cable Company geschrieben, weil wir erneut einen Tag ohne Fernsehen und Internetanschluss waren. Per E-Mail konnte ich nicht protestieren, weil mein superschnelles Kabel-Modem mal wieder hektisch gelb blinkend unter dem Schreibtisch stand. Leitung tot. High-Tech-Wunderland USA? Ich lach mich schlapp. Mag ja sein, dass die elektronische Revolution in Indien oder Finnland ausgebrochen ist. Bei uns jedenfalls nicht. Dabei wohnen wir nicht irgendwo in Nebraska, sondern rund 20 Kilometer vom Weißen Haus entfernt. Mein Internetanschluss, der “acht bis zehnmal so schnell ist wie ISDN“ (so die Kabel-Firma) funktioniert nur alle Jubeljahre. Manchmal sind wir auch eine Woche ohne TV und Internet. Eigentlich sind die technischen Meisterleistungen der Amerikaner atemberaubend. Sie schießen ein Cruise-Missile genau ins Schlafzimmer von Milosevic. Sie backen Brot, das monatelang weich bleibt. Mein Zahnarzt spricht beim Bohren kurze Sätze in ein drahtloses Mikrofon, das Spracherkennungsprogramm seines Computers wandelt sie automatisch um in E-Mails. Wenn ich den Mund zuklappe, ist die Rechnung samt Beschreibung aller ärztlichen Handgriffe schon bei der Versicherung. Wir Europäer schauen neidisch auf die Vereinigten Wunderstaaten, weil wir glauben, dass eine Nation, die Menschen unfallfrei auf den Mond schickt, auch überirdisch gute Klempner hat. Neulich ist in unserem Haus die Decke runtergekommen, ein paar Wasserrohre waren undicht. Weil der Klempner eine Woche lang nicht kam, hatten wir viel Zeit, uns die Installationen gründlich anzuschauen. Es war ein Blick ins Chaos. Die Rohre, Dichtungen und Hähne sind wohl aus der Ukraine importiert und von Soziologen verlegt worden. Es tropft, gurgelt und sprüht in den dünnen Pressspanwänden wie in einer Kläranlage, (Dafür gibt es jetzt eine Software, mit der man von unterwegs per Internet kontrollieren kann, ob zu Hause im Keller das Licht brennt oder im Bad ein Wasserhahn tropft.) Als ich einen der Klempner fragte, ob er öfter solch ein Desaster sehe, wurde er philosophisch. „Ach, wissen Sie“, sagte er, „der Mensch neigt zum Pfusch. Aber manchmal nagen wirklich Streifenhörnchen an Dichtungen’ Mit den superschnellen Glasfaserkabeln ist es nicht viel anders. Theoretisch haben wir über 70 Fernsehprogramme, aber wenn es regnet oder schneit oder es etwas trocken ist, sind’s meist nur fünf oder sechs. Auch schönes Wetter mit durchschnittlicher Luftfeuchtigkeit bekommt unseren Kabeln gar nicht gut. Dann haben wir oft nur zwei oder drei Programme, und die flimmern wie in Albanien. Wenn ich bei der Kabelfirma anrufe, um zu klagen, läuft das Endlosband mit der frohen Botschaft: „Willkommen bei Montgomery Cable, wir liefern die Zukunft! Bitte legen Sie nicht auf, Ihr Anruf wird in Kürze beantwortet. ‘ Das dauert ungefähr zwei Stunden. Hat man endlich eine der phlegmatischen Damen vom Kundendienst am Apparat, fangen die Probleme erst richtig an. Wir verstehen uns schlecht. Aus Kostengründen haben nämlich viele Firmen ihren Telefonservice längst in irgendwelchen Billiglohndörfern im Mississippi-Delta angesiedelt. Den Dialekt dort beherrsche ich nicht. (Microsoft hat seinen Kundendienst gerade auf die Philippinen ausgelagert, im Ernst.) Wird die Beschwerde akzeptiert, kommt nach ungefähr einer Woche ein netter junger Techniker aus Ghana oder Peru oder Rumänien. Schaut sich stumm das Schneetreiben auf meinem Bildschirm an, bastelt ein bisschen an den Kabeln herum und sagt dann: „Da ist irgendwas nicht in Ordnung’ „ Wir reden noch ein bisschen über Fußball, dann muss ich in dreifacher Ausfertigung unterschreiben, dass er pünktlich war. Er verspricht mir dafür, dass ein Spezialist „sich in den nächsten Tagen meldet“ Der Mann wird wohl noch in Indien gesucht. „Wie kommt es“, habe ich einen der Kabel-Techniker mal gefragt, dass die Anschlüsse dauernd kaputt sind?“ Der Mann kratzte sich am Kopf. Vielleicht haben Waschbären am Kabel genagt. In solchen Augenblicken frage ich mich, ob ich nicht unheilbar deutsch bin. Muss eine brillante Technik auch brillant funktionieren? Genügt es nicht, dass sie brillant gedacht ist? Und Platz lässt für Waschbären und Streifenhörnchen?
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