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Re: "Anna"-Darstellerin starb in ihrer Wohnung
Nachdenker schrieb:
------------------------------------------------------- > Mit Logik darf man da nicht ran gehen. Nein, das darf man wohl nicht. Ich habe eine Kollegin, derer Freund vor ein paar Jahren – tief in einer Depression gefangen – beschloss, seinem Leben ein Ende zu setzen, um seiner Partnerin und deren Kindern nicht länger zur Last zu sein. Er schrieb also einen Abschiedsbrief und machte sich auf den Weg auf irgendeinen bayerischen Berg. Den Brief fand der kleine Sohn seiner Freundin (damit hätte der Stiefvater rechnen müssen, weil der Kleine immer vor der Mutter heimkam; der Kollege hing abgöttisch an dem Kind, auch wenn's nicht sein eigenes war, und wenn er garantiert irgendwas nicht wollte, dann dem Jungen schaden). Der kleine Kerl rief also völlig aufgelöst bei uns im Büro an, seine Mutter war kurz außer Haus, also hatte ich ihn an der Strippe. Das einzige, was er rausbrachte, war: "Der Papa bringt sich wegen uns um!" Die Polizei von Garmisch (ich glaube, dort war das) hat den lebensmüden Vater gefunden, er wurde psychologisch betreut und in seinem Falle halfen tatsächlich Medikamente gegen die Depression (manchmal ist das wohl tatsächlich vor allem ein hormonelles Ungleichgewicht wie bei Kindbettdepressionen). Heute geht es ihm halbwegs gut, nur eins kann er sich nicht verzeihen (wie er mir vor einiger Zeit am Ende einer sehr feuchten Fete erzählte): Dass er den Jungen da mit reingezogen hat. Er meinte, es hätte ihn unendlich Kraft gekostet, den Entschluss zum Freitod zu fassen und den Brief zu formulieren. Er sei wie in einem Tunnel gewesen, und obwohl er die Abläufe in seiner Familie genau kannte, wäre er nicht im Mindesten auf den Gedanken gekommen, dass dieser Brief dem Kind einen Schock fürs Leben versetzen würde. Er meinte, zu dieser Zeit habe sein leben nur noch aus grundlegenden Ja-Nein-Entscheidungen bestanden, eine Art binäre Formel, die keine Abwägungen mehr zuließ. Der Junge ist inzwischen erwachsen und hat zu seinem Stiefvater noch immer ein sehr enges Verhältnis, aber er hat lange gebraucht, bis er mit der Sache fertig war. Es waren mehrere Kinder- und Familienpsychologen nötig, den Jungen dazu zu bringen, den Stiefvater wieder aus den Augen zu lassen. Der bekam bereits Panikattacken, wenn der Papa mal ein paar Minuten zu spät heimkam. Ich glaube, die Mutter hat das ihrem Partner bis heute nicht wirklich verzeihen können, obwohl sie versteht, was da abgelaufen ist. Und das Schlimmste dabei: Wir waren alle gut befreundet (sind es noch heute), und keiner, wirklich keiner hat gemerkt, was in dem Mann vorging. Er war nach außen sehr ruhig, aber scheinbar immer heiter und gelassen. Diese Traurigkeit, die ihn fertig gemacht hat, steckte nur in ihm drin, die hat er keinen spüren lassen. Er hat gearbeitet wie immer, war für Frau und Kinder da, kam meist auch auf Partys mit (auch wenn er da oft früh verschwand, aber es ist eben nicht jeder eine Nachteule) und schien völlig normal zu "funktionieren". Bis es eines Tages nicht mehr ging ... In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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