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Re: Ein Tag - Bericht aus einem Konzentrationslager - Nazis gab es eben. 1939
Als ich als Kind meine Mutter mittags abholte, die damals in einer Gaststätte arbeitete, wartete ich spielend an der Theke, bis ich die Aufmerksamkeit eines angetrunkenen Mannes erregte.
Der sprang plötzlich mit ausgestreckten Armen auf mich los und begang mich grob anzufassen und schrie laut, "Du dreckiger Judenbengel, ich bring dich um du Judenbalg... " Daraufhin kamen mir einige Männer und der Gastwirt sofort zu Hilfe, die den "Gast", mit einigen klaren Worten sofort unsanft auf die Strasse beförderten. Da war ich ca. 5 Jahre alt und der Mann vielleicht um die 50. Meine Familie ist nicht jüdisch, aber ich sehe eben nicht nordisch aus, irgendwie hat mein Aussehen diesen Kerl damals sehr provoziert und er hat angestrengt über die Vergangenheit nachgedacht, was man merkte. Ich kann mich erinnern, das er mich zuvor lange beobachtete, während er seine Getränke bestellte und trank. Ich frage mich heute, wer war dieser Mann, was hat er im Krieg gemacht und wie konnte ein spielendes, ruhiges Kind diesen Kerl dazu provozieren das Kind schlagen zu wollen? Er konnte nicht ertragen, das da ein "jüdisches Kind" war, hat er in einem Ghetto seinen "Dienst" gemacht, oder in einem KZ? Ich denke, das es so gewesen sein muss und er durch den Alkohol wieder in seine damaligen "Glanzzeit" versetzt worden war, an seine "rassische Überzeugungen" erinnert wurde, obwohl ich von meinen Eltern immer sehr modisch gekleidet worden bin und nicht nach 1940 aussah. Einfach unheimlich war das, und keiner der Erwachsenen hat dazu näher etwas gesagt, so war das damals. Ich selber habe mich erst als Erwachsener damit beschäftigt. Die erste Serie, die sich mit dem Schicksal der Juden speziell befasste war nach meiner Meinung, "DAS HAUS IN DER KARPENGASSE" von 1965. Das Monk Fernsehspiel wurde in den 60iger Jahren zu bestimmten Gedenktagen öfter wiederholt. Es gab geschichtliche Sendungen zum Thema, die z.B. in den jungen 3. Programmen liefen. Theaterstücke oder Fernsehspiele beschäftigten sich oft künstlerische entrückt mit dem Thema. Wenn das Thema der Nazizeit und des Krieges in Interviews oder Moderationen kurz angesprochen wurde umschrieb man es gerne mit, "Die damaligen Verhältnisse", "Entbehrungsreiche Zeiten", u.s.w., ging aber nicht näher auf das Thema ein. 1967 sendete Radio Bremen (Radio) einen Bericht über das Schicksal von den Nazis Verfolgter Homosexueller, also zu einer Zeit, als der §175, Sex unter Männern noch unter Strafe stellte, diese Sendungen mit speziellem Themenbezug gingen aber im Allgemeinen unter. Ende der sechziger Jahre präsentierten sich Politiker der NPD ganz selbstbewusst, z.B. im Stern, wobei diese Herrschaften oft eine Nazi Karriere hinter sich hatten. Nazis gab es eben und teilweise brüsteten sie sich öffentlich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten. "Normale" Bürger beschäftigten sich mit ihren Schicksalen und verglichen sofort Hitler mit Stalin oder wichen dem Thema aus, reagierten seltsam, fühlten sich auch sofort angegriffen, wenn man das Thema ansprach. Ich kann mich noch an den Satz erinnern, "Sie sind ein ganz dummer Junge, das sind Sie, ein ganz dummer Junge...", ich weiss aber nicht mehr wer das im Bezug auf das Thema und meine Frage sagte. In den 70iger Jahren widmeten sich dann einige Journalisten diesem Thema, z.B:, Lea Rosh und es wurden Fakten dargestellt, die die meisten Deutschen sicherlich nicht kannten. 2-mal bearbeitet. Zuletzt am 25.04.15 03:43. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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