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TV-Kritik: "Das ProSieben Auswärtsspiel" - So schön kann Chaos-Fernsehen sein
geschrieben von: TV Wunschliste, 25.09.16 02:17
Eines muss man ProSieben lassen: Auch nach dem Abschied von Stefan Raab experimentiert der Sender am Samstagabend mit neuen Primetime-Shows. Nach "Teamwork" und "Die beste Show der Welt" folgte gestern Abend das schon vor längerer Zeit angekündigte "ProSieben Auswärtsspiel". Produziert wurde die Sendung, die ironischerweise zunächst den gegensätzlichen Arbeitstitel "Heimspiel" trug, von Endemol Shine Germany.

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Man sitzt gemütlich zu Hause vor dem Fernseher - und plötzlich klingelt es an der Haustür und die große Show wird live in die eigenen vier Wände transportiert. Das ist die Prämisse der neuen Sendung von ProSieben. Ein überraschter Zuschauer stellt seine eigene Wohnung als Studio für die Show zur Verfügung. Völlig nichtsahnend ist der Kandidat allerdings nicht: Laut Senderangaben wählte ProSieben aus 5.312 Bewerbern zehn potenzielle Kandidaten aus. Sie und ihre Familien erfahren allerdings erst, ob sie für die Show auserwählt wurden, wenn es um 20:15 Uhr an ihrer Tür klingelt.

Zu Beginn der Sendung sitzt das Moderatorenduo Palina Rojinski ("The Big Surprise") und Elton ("Schlag den Star") in einem mobilen Regiewagen. Nach einer kurzen Einführung begeben sich die beiden zusammen mit der gesamten Produktionscrew auf einen Fußmarsch hin zum Haus des Auserwählten, das sich etwa 300 Meter entfernt befindet. Ein roter ProSieben-Teppich wird ausgerollt, dann klingeln sie an der Haustür. Der Kandidat heißt Markus und wohnt mit seiner Ehefrau und fünf Kindern im rheinland-pfälzischen Wöllstein. Die Moderatoren und das Kamerateam betreten das Haus.

In den darauffolgenden Minuten wird erst mal in bester "MTV Cribs"-Manier die Wohnstätte inspiziert. Markus ist Vertriebsleiter einer Bausparkasse und lebt mit seiner Familie in einem luxuriösen Eigenheim - oder wie Kommentator Frank Buschmann zu sagen pflegt: "Was ist denn das für'n Palast hier?" Die Auswahl des Kandidaten ist etwas fraglich - einer weniger wohlhabenden Studenten-WG hätte man wohl eine Teilnahme eher gegönnt. Inwiefern die auffallend aufgestylte Familie tatsächlich nichts von ihrem Glück ahnte, sei auch mal dahingestellt. Wirklich entscheidend ist dies für den weiteren Verlauf der Show ohnehin nicht.

Schon nach kurzer Zeit floriert in dem ungewöhnlichen Format das Chaos. Man hört Regieanweisungen und verfolgt die 300 Mann starke Crew beim Aufbauen der Requisiten. Palina flippt beim Anblick des Haushundes aus. Elton hingegen wundert sich beim Blick in den Fernseher über die zeitliche Verzögerung der Übertragung. Zwischendurch werden Getränke aus dem Kühlschrank geholt und Ehefrau Cordula kocht etwas in der Pfanne. Als Zuschauer macht es Riesenspaß, dieses eigenwillige Spektakel mitzuerleben.

Kurze Zeit später betreten die prominenten Konkurrenten das Haus - Guido Cantz, Thore Schölermann und Lilly Becker treten in insgesamt neun Spielen gegen Markus an. Gespielt wird pro Runde um Sachpreise (Roller, Spielkonsole, Auto oder Fernseher). Wenn Markus ein Spiel gewinnt, gehört der jeweilige Preis ihm - gewinnt der Promi, erhält ein Anrufer den Preis. Markus ist bedauerlicherweise nicht gerade der charismatischste Kandidat, zeigt allerdings großes Talent bei den unterschiedlichsten Spielen - sei es beim Biathlon durch den Garten oder beim Maßaustrinken mittels eines langen Schlauchs. Das Promibild-Freispritzspiel mit einem Feuerwehrschlauch verliert er allerdings. Der Höhepunkt an Anarchie wird beim Spiel "Fackelauto" erreicht: Die Kandidaten müssen rückwärts mit Autos rangieren und währenddessen mit einer Pyroanlage auf dem Autodach mehrere Fackeln anzünden. Das Versagen der Technik gepaart mit dem gesteigerten Ehrgeiz der Promis verleitet Elton zum Ausruf "Ich will nach Hause!".

Palina und Elton machen in ihrem ersten Einsatz als Moderatorenduo einen tollen Job, der vor allem ein hohes Maß an Improvisation und Spontaneität abverlangt. Sie entpuppen sich dafür als Idealbesetzung: Eine grundsympathische Palina, die sich für alles begeistern lässt, und Elton, der sich am liebsten einen gemütlichen Abend im fremden Wohnzimmer machen will - aber noch arbeiten muss. Sie sind keine Moderationsroboter, sondern agieren authentisch und beherrschen das Spiel mit der Kamera. Palina hat die Feuerprobe in ihrem ersten Einsatz als Moderatorin einer großen Samstagabend-Liveshow mit Bravour bestanden - auch wenn ihr Kleid ihr des Öfteren im Weg stand. Frank Buschmann muss mit einem Kommentatorenplatz im Gartenhäuschen Vorlieb nehmen und fiebert wie üblich begeistert mit - und lässt sich auch zu dem einen oder anderen Seitenhieb in Richtung der Promis hinreißen ("Hat der Schölermann die Regeln verstanden?!").

Wie es sich für eine Samstagabendshow gehört, ist auch für musikalische Unterhaltung gesorgt: Der Vorgarten des Kandidaten wird von der Countryband The BossHoss zur Konzertbühne umfunktioniert, während die dänische Singer-Songwriterin Aura im Musik-Truck live vor dem Zuhause des Kandidaten auftritt. Noch schöner wäre es gewesen, wenn die Performances im Haus stattgefunden hätten. Auch die Mehrzahl der Spiele wird im Freien auf der Straße oder dem gegenüberliegenden Sportplatz durchgeführt. Zeitweise kommt das Gefühl auf, als sei man Zeuge eines Straßenfestes. Das Haus selbst ist nur noch Nebenschauplatz, während sich die Sendung immer mehr zu einer Openair-Veranstaltung entwickelt, was eigentlich nicht Sinn der Sache sein sollte. Zu kritisieren ist auch das Fehlen eines richtigen Spannungsbogens, denn wirklich riskieren muss Kandidat Markus während des Abends nichts. In jedem der neun Spiele geht es um den möglichen Zugewinn eines Sachpreises und eines Dartpfeils, den er im Finale um 100.000 Euro einsetzen konnte.

Letztendlich überwiegt allerdings der positive Eindruck: Es passiert einfach so viel, dass man so aufmerksam wie möglich die Sendung verfolgen will, um nichts zu verpassen - ein Kunststück, dass heutzutage nicht vielen Shows gelingt. Hoch anzurechnen ist ProSieben und Endemol in jedem Fall die logistische Meisterleistung, eine derartig aufwendige Show auf die Beine zu stellen und auch noch live auszustrahlen. Auch wenn vieles an diesem Abend chaotisch wirkt - genau diese Art von Chaos ist es, die dem deutschen Fernsehen in den vergangenen Jahren schmerzlich abhandengekommen ist. Denn planen lässt sich zwar im Voraus der grobe Ablauf, nicht jedoch wie der Kandidat reagiert und sich der Abend tatsächlich entwickelt. In einer Zeit, in der es bedauerlicherweise an der Tagesordnung ist, Shows Monate im Voraus zu produzieren und sie vor der Ausstrahlung mitunter bis zur Unkenntlichkeit nachzubearbeiten, ist eine Sendung wie das "Auswärtsspiel" eine Wohltat. Gerade das beim Zuschauen übertragene Gefühl, dass in jedem Moment alles passieren kann, macht den besonderen Reiz von Live-Sendungen dieser Art aus. Insofern ist ProSieben zu wünschen, dass sie für den Aufwand belohnt werden und sich nach mehreren Fehlstarts wieder mal ein Erfolg einstellt. Eine Fortsetzung hätte die Show in jedem Fall verdient.

25.09.2016 - Glenn Riedmeier/wunschliste.de
Bild: ProSieben/André Kowalski


[www.wunschliste.de]

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