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Re: Böhmermann: Kanzlerin habe ihn "einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert"
Isaak_Hunt schrieb:
------------------------------------------------------- > Kate, dir geht es nicht um die Frage, was Satire > darf und was nicht. Aber genau das ist der > eigentliche Punkt. > Dieses "Schmähgedicht" war so offensichtlich > dämlich, überzogen und über das Ziel hinaus > geschossen, dass die eigentliche Satire nicht > zwangsläufig in dem Gedicht steckt, sondern in > sämtlichen Reaktionen darauf - von der Erdogan > und der Kanzlerin, bis zu dir persönlich. > Das ist der eigentliche Witz. > > Böhmermann hat an Kritik zur Entscheidung der > Bundeskanzlerin nicht gespart. Er weiß aber auch, > dass nur Gerichte rechtskräftige Urteile fällen > und hält sich deshalb zurück. Das ist sein gutes > Recht. > Bei dem wenigen an Äußerungen, die bisher von > Böhmermanns Seite kamen, kann man ihm nicht > vorwerfen, dass er den Skandal bisher sonderlich > ausgeschlachtet hätte. > Klar, er dürfte sich mehr PR für sich und seine > Sendung versprochen haben, und er wäre nicht auf > der Fernsehbühne, wenn ihn nicht ein gewisses > Maß an Narzissmus, Eitelkeit und einen Hang zur > Selbstdarstellung dorthin getrieben hätte. Bis > jetzt sehe ich aber nicht, dass das Überhand > nimmt. > > Außerdem muss nicht jeder zwangsläufig zum > Märtyrer werden und hohe Risiken eingehen, der > über Satire gesellschaftlich etwas verändern > will. Das ist zuweilen vielleicht bewundernswert, > grenzt aber manchmal auch an Selbstaufgabe über > jede Gebühr. > > Gerade deshalb finde ich die Vergleiche mit dem > Handeln anderer Komiker so schwierig. Die > Legitimation des Anliegens und der > grundsätzlichen Intention ändert sich nicht > durch die Probleme und Steine, die einem dabei in > den Weg gelegt werden. > Deshalb finde ich auch Anmerkungen wie "Der soll > sich mal in Ankara/Mekka/wo auch immer auf den > Marktplatz stellen und solche Witze reißen" etwas > obskur. In eine ähnliche Schiene würde ich auch > deinen Burma/Birma-Vergleich einordnen wollen. > > Klar ist das bei uns einfacher zu opponieren und > zu kritisieren, als vielleicht in Burma, > Saudi-Arabien - wie der Fall Badawi aufzeigt - > oder in der Türkei, oder auch damals im Dritten > Reich. > > Wenn aber die widrigen Umstände und der Willen > zur kompletten Selbstaufgabe die Messlatte sein > soll, dann wäre fast schon jegliche kritische > Satire in diesem Land nutzlos. > > Wenn man Böhmermanns Treiben in seiner Gesamtheit > etwas verfolgt, dann kann man schon erkennen, dass > Selbstverliebtheit und Eitelkeit auch nicht die > alleinige Triebfeder seines Schaffens sind. Der > hat durchaus politische Anliegen in zentralen > Fragen - auch wenn er viel Klamauk verbreitet. > Dahinter sehe ich persönlich nämlich zwischen > dem ganzen Klamauk schon klare Standpunkte zu > Themen wie Demokratie und freiheitlich-rechtliche > Grundordnung, Menschenrechte, Säkularismus - > aufklärerische, humanistische Werte, und zwar > ausdrücklich nicht, weil ich Böhmermann > unbedingt als Projektionsfläche dafür bräuchte, > sondern weil das immer dann bemerkbar ist, wenn er > einen ernsteren Ton anschlägt, in seinen > verschiedenen Fernseh- und Radiosendungen, wie > auch in einigen Interviews, die man beispielsweise > auf Youtube sehen kann. Klasse Beitrag! Der Beste, was ich hier bisher im Forum zur "Böhmermann-Satire" gelesen habe. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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