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Fall Böhmermann: Merkel stimmt Strafverfolgung zu
Unschöne Neuigkeiten im Fall Jan Böhmermann: Bundeskanzlerin Angela Merkel informierte heute Mittag in einer Stellungnahme im Kanzleramt, dass die Bundesregierung dem Strafverlangen der Türkei nach §103 StGB wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zustimmt. Dem ZDF-Satiriker droht jetzt eine Strafe, deren Ausmaß schwer einzuschätzen ist. Laut des Paragrafen ist mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft zu rechnen. Sollte Verleumdung nachgewiesen werden, drohen sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug. "Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und anderer Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen", so Merkel. "Die Ermächtigung zur Strafverfolgung des speziellen Delikts der Beleidigung von Organen ausländischer Staaten bedeutet weder eine Vorverurteilung des Betroffenen noch ein Vorgreifen der Entscheidung über Grenzen der Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit, sondern lediglich, dass die rechtliche Prüfung der unabhängigen Justiz überantwortet wird und nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaften und Gerichte das letzte Wort haben werden." Wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Vormittag erläuterte, waren an der Entscheidung neben dem Kanzleramt auch das Innen-, das Außen- und das Justizministerium sowie Vizekanzler Sigmar Gabriel beteiligt gewesen. "Es gab unterschiedliche Auffassungen zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD", informierte Bundeskanzlerin Merkel. Obwohl die Kanzlerin nun dem Strafverlangen Erdogans nach §103 StGB nachkommt, hat sie gleichzeitig angekündigt, dass die Koalition noch in dieser Wahlperiode ein Gesetz zur Abschaffung verabschieden wird, da der Paragraf "für die Zukunft entbehrlich" sei. Das neue Gesetz soll 2018 in Kraft treten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan empfand das sogenannte "Schmähgedicht" im "Neo Magazin Royale" als schwere Beleidigung und beharrte auf einer Bestrafung des Moderators. Die türkische Regierung hat infolgedessen ein Strafverlangen gestellt, dem die Bundesregierung zustimmen muss, um der Staatsanwaltschaft eine Ermächtigung zu Ermittlungen erteilen. Parallel dazu hatte Erdogan auch eine Strafanzeige gegen Böhmermann nach dem herkömmlichen Beleidigungsparagrafen §185 des Strafgesetzbuchs gestellt. Erst gestern hatte das ZDF seinem Moderator Jan Böhmermann den Rücken gestärkt und der Staatsanwaltschaft Mainz mitgeteilt, dass nach Ansicht einer Kanzlei-Expertise "die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden" seien (wunschliste.de berichtete). Wann Jan Böhmermann selbst wieder vor die Öffentlichkeit tritt, ist derzeit unklar. Die für gestern geplante Ausgabe des "Neo Magazin Royale" fiel aus und auch die Radiosendung "Sanft & Sorgfältig" von Jan Böhmermann und Olli Schulz entfällt am Sonntag. Angesichts der jüngsten Entwicklung erscheint es fraglich, ob Böhmermann schon nächste Woche wieder im Fernsehen auftritt. 15.04.2016 - Glenn Riedmeier/wunschliste.de Bild: ARD/Screenshot [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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