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Böhmermann-Affäre: ZDF bezieht Stellung
Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne Neuigkeiten zur Causa Böhmermann, die sich in den letzten Wochen zu einer regelrechten Staatsaffäre ausgeweitet hat. Nachdem bereits einige befreundete Kollegen dem Satiriker mit unterstützenden Statements zur Seite gesprungen sind, kommt nun auch aus Richtung des verantwortlichen Senders ZDF die erhoffte Rückendeckung. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender zeigt sich solidarisch mit seinem Moderator und hat eine offzielle Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft Mainz veröffentlicht. Nach einer Expertise der Kanzlei Redeker Sellner Dahs sei das ZDF zu dem Schluss gekommen, dass "die in Rede stehende Sequenz einschließlich des so genannten 'Schmähgedichts' rechtlich zulässig war und daher die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden sind". Gerade im Zusammenhang mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse umfasse die Satirefreiheit in Deutschland auch den Einsatz grober Stilmittel, "unabhängig davon, ob sie persönlichen oder allgemeinen geschmacklichen Vorstellungen entsprechen". Es liege sogar im Wesen der Satire, durch gezielte Überzeichnungen "Emotionen und Reaktionen beim Publikum auszulösen, auf ein Thema aufmerksam zu machen und Kritik zu üben". Das ZDF betont, dass zu berücksichtigen sei, dass das Gedicht in eine satirische Gesamtdarstellung des "NEO Magazin Royale" eingebettet war, in der die Debatte über den "extra-3"-Satirebeitrag und die diesbezügliche Reaktion des türkischen Staatspräsidenten aufgegriffen wurde. Inhaltlich ginge es nicht nur um eine Auseinandersetzung mit dem rechtlichen Begriff der Schmähkritik, sondern auch darum, "die Rezeption solcher satirischer Stilmittel in der digitalen Medienöffentlichkeit zu thematisieren". Auf den Punkt gebracht, zielte der Beitrag nach Ansicht des ZDF nicht auf eine Ehrverletzung des türkischen Staatspräsidenten ab, sondern bezweckte die kritische Auseinandersetzung mit diesen Themen. An seiner Entscheidung, das sogenannte "Schmähgedicht" aus der Mediathek zu löschen und nicht weiter zu verbreiten, hält der Sender dennoch fest - nach wie vor, "weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF" entspräche. Dies sei jedoch von der strafrechtlichen Bewertung klar zu trennen. Dieses Verhalten kritisiert wiederum der ZDF-Redakteursausschuss in einem Brief, der am heutigen Donnerstag senderintern die Runde gemacht hat. Einige Mitarbeiter des ZDF fordern, dass das Gedicht "als Dokument der Zeitgeschichte" wieder online gestellt werden soll. Der üblicherweise in den sozialen Netzwerken sehr aktive Jan Böhmermann selbst ist in den letzten Tagen verstummt und untergetaucht. Eine neue Ausgabe des "Neo Magazin Royale" wird es heute nicht geben, stattdessen ist ein Best-Of angekündigt. Und auch die Radiosendung "Sanft & Sorgfältig" fällt am kommenden Sonntag aus, stattdessen überträgt radioeins um 16.00 Uhr eine "Solidaritätssendung" für Böhmermann. Unterdessen hat Böhmermann auf die von Präsident Erdogan eingeforderte Unterlassungserklärung verzichtet, wie Christian Schertz, der Anwalt des Satirikers, mitteilte. Unter diesen Umständen erscheint es trotz der mehrheitlichen Unterstützung für Böhmermann wahrscheinlich, dass es zu einem Gerichtsprozess kommen wird. 14.04.2016 - Glenn Riedmeier/wunschliste.de Bild: ZDF/Ben Knabe [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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