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joiz wird reiner Internetsender
Die Pläne von joiz, Social Media und klassisches lineares Fernsehen für eine junge Zielgruppe zu verbinden, waren ambitioniert - wahrscheinlich zu ambitioniert. Etwa 16 Monate nach dem Start im deutschen Fernsehen musste die joiz GmbH am gestrigen Dienstag Antrag auf Insolvenz stellen, wie der Sender mitteilte. Er will das Verfahren in Eigenverwalttung durchführen und sich in ein reines Web- und IPTV-Angebot umwandeln. Die Verbreitung des Programms über die klassischen TV-Kanäle wolle man hingegen einstellen. Das Angebot soll wie bisher weiterhin aus täglichen, eigenproduzierten, interaktiven Sendungen sowie Serien bestehen. Ziel sei daher auch, möglichst viele der derzeit 65 Arbeitsplätze zu erhalten. Alexander Mazzara, CEO der joiz AG, glaubt offenbar weiter an einen Erfolg des Programmkonzepts und gibt den herkömmlichen Verfahren der Quotenmessung im TV die Schuld an den mangelnden Werbeerlösen: "Wir wissen, dass joiz Germany sein Publikum hat. Joiz-TV-Formate genießen vor allem im Web und in den sozialen Medien eine hohe Relevanz, wie z.B. die Präsenz unter den Top Ten der deutschen Twitter-Trends. Bedauerlicherweise kann dieser hohe Stellenwert bei der jungen Zielgruppe nicht in der Reichweiten- und Quotenmessung der GfK abgebildet werden." Damit fehle dem Sender eine für die Vermarktung des TV-Programms notwendige Reichweiten-Ausweisung in relevanter Höhe. Die klassischen TV-Umsätze seien klar unter den Erwartungen geblieben, so Mazzara weiter. Nun wolle man sich auf die Kernmedien der jungen Zielgruppe konzentrieren - und dazu gehört das lineare Fernsehen eben nicht mehr, wie kürzlich auch schon die deutschen Ministerpräsidenten bei ihrer Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Jugendkanal meinten. Den soll es bekanntlich jetzt auch nur im Netz geben. joiz soll künftig über IPTV sowie kostenfreie Distributionsplattformen zu empfangen sein. Von der Insolvenz nicht betroffen sind der Schweizer Ableger von joiz sowie die joiz AG. joiz Germany war im August 2013 als Free-TV-Sender gestartet und hatte sein Programmangebot seitdem kontinuierlich erweitert. Neben zahlreichen Musiksendungen gab es auch ambitionierte Eigenproduktionen wie den Polit-Talk "jung & naiv" von und mit Tilo Jung, der sogar eine Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis einstreichen konnte. Man experimentierte auch mit Einkäufen internationaler Sendungen wie der "Tonight Show Starring Jimmy Fallon" und der britischen Erfolgsserie "Skins - Hautnah". Erstere wurde aber bereits Ende Oktober kurzfristig ohne nähere Erklärung wieder aus dem Programm genommen. Anscheinend musste man schon damals Kosten senken. Ob sich nun alleine im Internet so hohe (Werbe-)Erlöse erzielen lassen, dass sich der Weiterbetrieb des relativ aufwändigen Programmangebots rentiert, ist fraglich. In Zeiten, in denen sich ehemalige Musiksender wie MTV oder VIVA längst in Gemischtwarenläden für Animationsserien und Billig-Doku-Soaps verwandelt haben, wäre es aber zumindest zu wünschen. 17.12.2014 - Marcus Kirzynowski/wunschliste.de Bild: Joiz GmbH [www.wunschliste.de]
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