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"Promi Big Brother": David Hasselhoff sucht das Weite
Dem "Promi Big Brother"-Haus von Sat.1 ist der einzige Bewohner abhanden gekommen, der sich guten Gewissens als prominent bezeichnen lässt: David Hasselhoff hat am Dienstag nach nur vier Tagen vorzeitig das Weite gesucht. Sat.1 nutzte den Anlass, um sein Publikum noch einmal kräftig zu veralbern. Mit einer regulären Aufenthaltszeit von 15 Tagen hatte im Fall Hasselhoff wohl ohnehin kaum jemand gerechnet. Das vorhandene Budget wurde ja bereits für eine gigantische Werbekampagne und die üppigen Gagen der überbewerteten Starmoderatoren verpulvert. Mehr als eine halbe Woche Hasselhoff erschien kaum realistisch, zumal der selbsternannte Freiheitskämpfer schon beim Einzug mit seinen Mitinsassen über jene zwei Wochen witzelte, die er vermeintlich abzusitzen gedenke. Keine große Überraschung war es daher, als das neue Sat.1-Humorduo, Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn, zu Beginn der gestrigen Sendung den Abschied ihres einzigen Stars verkündete. Die "ganze Wahrheit" über den Auszug mitsamt dazugehöriger Bilder sollten im weiteren Verlauf nachgereicht werden. Das war durchaus ein Grund dranzubleiben, denn spannender als die konkrete Anzahl der Tage, die Hasselhoff im Haus verweilen würde, war die Frage, welche "ganze Warheit" sich der Sender erdichten wird, um den Auszug zu begründen. Am Ende der auf 85 ermüdende Minuten gestreckten Sendung wurde dem noch vorhandenen Restpublikum dann aber doch eine lange Nase gedreht: Um den Abschied Hasselhoffs auszuschlachten, sollen die Hintergründe erst in der heutigen Ausgabe thematisiert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich allerdings die Presseabteilung von Sat.1 längst zu Wort gemeldet. Hasselhoffs Vater sei schon länger krank, daher habe sich der Promi-Bewohner, "von seinen Gefühlen übermannt", nun für einen Auszug entschieden. Hasselhoff wird wie folgt zitiert: "Ich habe jetzt gerade einen Anruf bekommen. Er stirbt nicht, aber er hat Lungenprobleme. Und der Einzige, den er hat, das bin ich. Ich dachte, das Schwerste für mich wäre hier einzuziehen - aber jetzt ist es für mich das Schwerste zu gehen." Die Dreistigkeit, mit der Sat.1 den Auszugs Hasselhoffs entgegen vorheriger Ankündigungen zum Cliffhanger gemacht hat, wurde mit aufgebesserten Einschaltquoten belohnt. In der Sat.1-Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen erzielte "Promi BB" einen über dem Senderschnitt liegenden Marktanteil von 12,4 Prozent. Viel retten kann dieser leichte Aufwärtstrend allerdings nicht mehr, denn seit der Einzugsshow ist das Publikum scharenweise geflüchtet. Von Freitag auf Montag hatten sich die Zuschauerzahlen fast halbiert. Das negative Feedback von allen Seiten ist verheerend - und vollauf verdient: Statt ein "Big Brother"-Comeback auf die Beine zu stellen, ging es Sat.1 offenkundig lediglich darum, die bekannte Marke und deren loyale Fanbase zu nutzen, um eine herzlose "Dschungelcamp"-Kopie auf die Beine zu stellen. Einfallslose Redakteure hangeln sich mit holpriger Dramaturgie von Szene zu Szene und klauen aus dem alten "Big Brother" von RTL II bemerkenswert zielsicher genau das zusammen, was damals schon nicht gut ankam - inklusive täglicher schwülstiger Duschszenen mit Weichzeichner und Superzeitlupen oder auch dem lustigen Seifenrubbelmatch. Statt passable Autoren zu verpflichten, hat sich der Sender auf die vermeintliche Strahlkraft eines moderierenden Alptraum-Duos verlassen, dass immer wieder vergeblich versucht, pointenreiche Dialoge zu improvisieren - wenn es nicht gerade wieder damit beschäftigt ist, möglichst plump die Bewohner nachzuäffen. Getoppt wird das nur durch unfassbar viele handwerkliche Mängel, die in einem derart hochbudgetierten Format nicht alle Tage zu bestaunen sind. Jede billig zusammengestrickte Scripted-Reality-Reihe kommt professioneller rüber. Egal, wie sich die Zuschauerzahlen noch entwickeln werden: Mit diesem Mix aus 'Worst of Big Brother" und "Worst of Dschungelcamp" hat sich Sat.1 schon jetzt zur TV-Lachnummer des Jahres gemacht. Doch immerhin gibt es mindestens eine Zielgruppe, die viel Freude am täglichen Debakel empfinden wird: die schadenfrohe Konkurrenz. 18.09.2013 - Michael Brandes/wunschliste.de Bild: Sat.1/Willi Weber [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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